12 Putenfleisch-Marken im Test

Wohl bekomm's

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2013 | | Kategorie: Essen und Trinken | 19.10.2012

12 Putenfleisch-Marken im Test

Putenfleisch gilt als gesunde Alternative zu Rind oder Schwein. Pute kommt auch bei denen auf den Tisch, die Hähnchenfleisch wegen der unwürdigen Haltungsbedingungen ablehnen. Die dürften nach unserem Test um eine Illusion ärmer sein.

Für Puten sind 149 Tage ein langes Leben. Älter ist keines der Tiere geworden, deren Fleisch wir getestet haben. In Deutschland wird hauptsächlich die Rasse Big 6 gemästet. Im Test haben wir außerdem Fleisch von Big-7- und Hybrid-Converter-Puten. Alle drei sind Hochleistungsrassen, wobei sich Hochleistung darauf bezieht, dass sie schnell schlachtreif werden, das Futter gut verwerten und einen Brustfleischanteil von zirka 30 Prozent am gesamten Lebendgewicht haben.

Das hat Folgen. Die Puten leiden an "Verformungen an den Fersengelenken, Fußballengeschwüren, gestörter Knochenentwicklung der Beine, Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislauf-Systems", so die Albert Schweitzer Stiftung, die sich in allen Bereichen des Tierschutzes engagiert. Den Küken werden außerdem kurz nach der Geburt die Schnäbel gekürzt. Was das für die Tiere bedeutet, beschreibt die Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung so: "In der Folgezeit tritt der sogenannte Phantomschmerz auf, unter dem zum Beispiel auch Beinamputierte leiden. Jede auch noch so sanfte Berührung der durchtrennten Nervenbahnen verursacht weitere Schmerzen." Trotzdem muss das Tier den Schnabel durchgängig weiterbenutzen, weil es ansonsten schlicht verhungern würde. Notwendig sei das Schnäbelkürzen, weil die Puten mit den Haltungsbedingungen nicht zurechtkommen, so die Argumentation der Befürworter. Denn die Tiere, die in Freiheit lebend voneinander Abstand halten und nachts auf Bäumen schlafen, werden zu Tausenden in riesigen Ställen zusammengepfercht. In dieser Enge gehen sie aufeinander los und würden sich gegenseitig tot hacken.

Machen die Öko-Putenmäster etwas anders? Die Öko-Erzeuger mästen hauptsächlich Hennen. Die sind mit zirka 8,5 Kilogramm Schlachtgewicht nicht nur leichter als konventionelle Hennen, die etwa zehn Kilo auf die Waage bringen müssen, sondern auch nicht einmal halb so schwer wie die Truthähne in unserem Test, die um die 19 Kilo wogen. Durch das geringere Gewicht kommt es bei den Bio-Puten zu weniger Schäden an den Gelenken, die Puten können auch noch in den Tagen vor der Schlachtung laufen.

Natürlich interessierte uns für unseren Test Putenfleisch die Putenhaltung und die Transparenz, mit der die Anbieter über die Herkunft der Tiere informieren. Wie immer wollten wir auch wissen, wie es um die Qualität von Putenfleisch bestellt ist. Wir ließen zwölfmal Putenschnitzel und Putenbrustfilet beim Discounter, in Supermärkten und Bio-Läden einkaufen und im Labor gründlich untersuchen.

Das Testergebnis

Das verdirbt den Appetit: Alle Produkte stammen von Hochleistungsrassen, alle konventionellen Puten hatten keinen Zugang zum Freiland und ihnen wurden die Schnäbel gekürzt. Rasse und fehlenden Freilandzugang werten wir um jeweils eine Note ab, das Schnäbelkürzen um zwei, sodass Bio-Puten bestenfalls mit "gut" abschneiden, konventionelle nicht besser als "mangelhaft". Minuspunkte gab es auch, wenn das ...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Einkauf

Wir haben zwölfmal Putenbrustfilet oder Putenschnitzel eingekauft. Sämtliche Produkte waren abgepackt und gekühlt. Nicht eingekauft wurden vorgebratene, marinierte oder anderweitig zubereitete Fleischstücke. Etliche Supermärkte und Discounter verkaufen Putenfleisch als Eigenmarken, andere haben Herstellermarken im Programm. Als bekannteste Marke wurde das Putenschnitzel von Wiesenhof eingekauft. Hinzu kamen drei Bio-Marken.

Inhaltsstoffe

Um herauszufinden, ob man das Fleisch am Ende des Verbrauchsdatums noch anstandslos essen kann, wurden drei Produktchargen mikrobiologisch untersucht. Dabei geben Gesamtkeimzahl, Enterobakterien, E. Coli und Staphylokokken Hinweise auf den Hygienestatus, während Salmonellen, Campylobacter und Listerien die Gesundheit gefährden können. Sensorikexperten prüften den Geruch und das Aussehen des Fleisches. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Antibiotikaresistenzen ließen wir einige der gefundenen Keime zusätzlich auf die Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika analysieren. Untersucht wurde auch, ob sich unter den Keimisolaten der methicillinresistente Staphylokokkus aureus MRSA befindet - aus der Humanmedizin auch unter der Bezeichnung "Krankenhauskeim" bekannt. Schließlich prüften wir, ob Rückstände antibiotischer Behandlungen im Fleisch zu finden sind.

Putenhaltung und Transparenz

Die Hersteller des eingekauften Putenfleisches erhielten von uns einen umfangreichen Fragebogen. Darin fragten wir unter anderem nach der Rasse, der das Tier, dessen Fleisch wir im Laden gekauft hatten, angehörte, wo es geboren wurde, mit wie vielen Tieren es sich den Stall teilen musste, ob es Zugang zum Freiland hatte, ob sein Schnabel gekürzt wurde und wie oft und mit welchen Medikamenten es behandelt wurde. Wir fragten auch nach Dokumenten, die die gemachten Angaben belegen können und ob der Besuch einer Mästerei möglich sei.

Weitere Mängel

Dass man Geflügelfleisch wegen möglicher Salmonellen durcherhitzen sollte, dürfte bekannt sein. Weniger bekannt ist, wie ein sachgerechter Umgang in der Küche tatsächlich aussieht. Was dazu an Hygienehinweisen auf den Packungen stand, sahen wir uns näher an.

Bewertung

Fleisch sollte unter tiergerechten Bedingungen erzeugt werden und qualitativ in Ordnung sein - beides ist wichtig. Das Gesamturteil konnte daher nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis. Deklarationsmängel führten zur Verschlechterung des Testergebnisses Inhaltsstoffe.

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