Alternative zu Seife: Welche Waschlotionen sanft zur Haut sind

Magazin April 2024: Eier | Autor: Heike Baier/Ann-Cathrin Witte/Franziska Blaum | Kategorie: Kosmetik und Mode | 28.03.2024

Wir haben 22 Waschlotionen im Labor auf Schadstoffe untersuchen lassen.
Foto: ÖKO-TEST

Waschlotionen mit einem "hautneutralen" pH-Wert nützen vor allem Menschen mit Hautproblemen bzw. sensibler oder gestresster Haut. Wir haben nicht viel auszusetzen an den Produkten: Die meisten schneiden in unserem Test mit der Note "gut" ab. Jetzt die Testergebnisse gratis lesen. 

  • Im Test: 22 Waschlotionen, -gele, -cremes und -emulsionen, die als "hautfreundlich", "pH-hautneutral" oder mit "pH 5,5" ausgelobt sind, zwei davon sind zertifizierte Naturkosmetik.
  • Das Fazit: Die meisten überprüften Produkte sind "gut". 
  • Aber: Einige Waschlotionen enthalten PEG-Verbindungen. Wir kritisieren sie, da einige dieser Verbindungen die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen können.

Unsere Haut ist sauer. Ein bisschen jedenfalls: Je nach Hautareal, Alter und Geschlecht pendelt ihr pH-Wert irgendwo zwischen 4 und 6,5, also mehr oder weniger deutlich unterhalb der neutralen Marke von 7.

Das Versprechen von Waschlotionen, die mit Eigenschaften wie "pH-hautneutral", "seifen­frei"­oder­"pH 5,5"­ werben: ­dieses leicht saure Milieu der Haut beim Waschen oder Duschen nicht zu verschieben, anders als es etwa basische Seifen tun. Diesen Anspruch illustrieren solche Reinigungsprodukte gern mit einer cleanen Verpackung und der Silbe "med" als Namenszusatz.

Welche Bedeutung der pH-Wert für die Haut hat

Doch warum ist dieser saure pH-Wert überhaupt von Bedeutung für die Haut, und was hat es mit dem "Säureschutzmantel" auf sich, den viele Produkte versprechen zu schützen?

Der Begriff Säureschutzmantel meint die äußerste Schutzschicht der Haut, die unter anderem aus sich abstoßenden Hautzellen, Schweiß und Hautfetten besteht und die von einer bestimmten Mischung an Mikroorganismen, der sogenannten ­Hautflora, besiedelt ­ist.­ Wird ­der ­pH-Wert­ der ­Haut ­gestört,­ gerät auch diese für die Abwehr so wichtige Hautflora aus dem Gleichgewicht –­ so die Theorie.

Gesunde Haut kann diesen Effekt danach schnell wieder regulieren, bei Menschen mit Barrieredefekten dauert es länger. "Studien weisen darauf hin, dass der Haut-pH nach Anwendung basischer Reinigungsmittel bis zu drei Stunden für die Regeneration benötigt", sagt uns Professor Joachim Fluhr, Leiter der Hochschulambulanz Allergologie an der Berliner Charité und Mitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG).

Für Menschen, die häufig ihre Hände waschen, sind seifenfreie Waschlotionen eine gute Alternative.
Für Menschen, die häufig ihre Hände waschen, sind seifenfreie Waschlotionen eine gute Alternative. (Foto: katunes pcnok/Shutterstock )

Für wen eignen sich Waschlotionen?

Sauer eingestellte Reinigungsprodukte unterstützen laut Fluhr die residente Flora und reduzieren das Wachstum pathogener Keime. Wer profitiert also aus Sicht des Dermatologen von den leicht sauer eingestellten Reinigungsprodukten? Durchaus auch Menschen mit gesunder Haut, wenn sie beispielsweise gezwungen sind, sich sehr häufig die Hände zu waschen, oder extremen Temperaturen ausgesetzt sind, so Fluhr.

Vor allem aber Menschen mit verschiedenen Hautproblemen – ­von sensibler Haut bis Neurodermitis. "Inadäquate Reinigung kann Schübe von aktiver Neurodermitis provozieren", erklärt Fluhr. "pH-hautneutrale – sprich saure­– Reinigungsprodukte mit reduziertem Austrocknungs- und Irritationspotenzial unterstützen dagegen die Erhaltung der Hautbarriere und sind damit eine effektive Ergänzung zur Basispflege."

Waschlotionen im Test: Die Mehrheit ist "gut"

Doch wie steht es um die Inhaltsstoffe der Waschlotionen? Wir haben 22 Produkte ins Labor geschickt und kommen zu einem recht passablen Ergebnis: Die allermeisten sind "gut". Die Bestnote "sehr gut" erreichen allerdings nur drei Testteilnehmer:

  • Salthouse Totes Meer Seifenfreies Waschgel pH-hautneutral
  • Sanct Bernhard Eskimo Waschlotion und
  • Bioturm Waschlotion Empfindliche Haut pH-Wert 5,5
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Bei fast allen anderen Waschprodukten im Test kritisieren wir, dass sie PEG/PEG-Verbindungen als Tenside einsetzen. Sie tragen nicht zur Reinigungswirkung der Waschlotionen bei und gleichzeitig können einige dieser Verbindungen die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen.

Es gibt sehr viel mildere Tenside auf dem Markt: Coco Glucoside oder Sodium Cocoyl Glutamate beispielsweise. Solche waschaktiven Substanzen passen in unseren Augen sehr viel besser zur Produktgruppe der pH-hautneutralen Waschlotionen. Denn ein Großteil der Produkte empfiehlt sich für sensible Haut, einige sogar als Basispflege bei Neurodermitis oder Schuppenflechte. 

Positiv dagegen: Die Waschlotionen sind tatsächlich alle leicht sauer eingestellt. Das haben wir im Labor nachmessen lassen und können bestätigen, dass sich alle Produkte in dem von uns vorgegebenen Toleranzbereich nahe dem hauteigenen pH-Wert bewegen.

Umweltbelastende Stoffe und fehlendes Rezyklat

So weit, ­so ­gut ­für ­die ­Haut.­ Wir ­haben uns­ aber ­auch ­für ­das ­ökologische­ Reizpotenzial ­der ­Produkte­ interessiert, und­ da bleiben noch ein paar Kritikpunkte: Die Frei Öl Med Wasch & Dusch Creme pH 5,5 enthält ­synthetische Polymere, ­die ­über das Abwasser davongespült werden und über Klärschlamm in die Umwelt gelangen können – mit­ unbekannten­ Folgen.­

Und die Numis Med pH 5,5 Waschlotion wirbt über ­das ­Label­ von ­Climate ­Partner ­mit vermeintlicher Klimaneutralität. Hier fehlt uns auf der Verpackung eine Einordnung des Herstellers, ob er die CO2-Emissionen seiner Waschlotion tatsächlich selbst reduziert ­oder­ nur­ durch­ Zertifikate­ kompensiert. Denn wirklich klimaneutral ist letztendlich ­ja kein­ Produkt. ­Das­ sieht­ auch­ die EU-Kommission so und plant ein Verbot solcher Aussagen, sofern sie nicht unabhängig überprüft sind.

Der Hersteller von Numis Med hätte übrigens ganz leicht etwas für seine Umweltbilanz­tun ­können:­ durch­ die Verwendung von­ Rezyklat ­in­ der­ Plastikflasche.­ Doch ­in diesem­ Punkt­ enttäuscht­ ein­ Großteil­ der Waschlotionen im Test.

Was bedeutet eigentlich "seifenfrei"?

Die eine Waschlotion nennt sich "pH-hautneutral", die andere "seifenfrei". Aber ist damit eigentlich dasselbe gemeint? Jein. Das mit der "Seife" ist verwirrend, denn umgangssprachlich benutzen wir das Wort für jenes glitschige Stück auf dem Waschbecken, mit dem man sich die Hände wäscht.

Chemisch gesehen ist eine Seife jedoch etwas anderes, nämlich eine waschaktive Verbindung mit zwei verschieden agierenden Hälften: Die eine bindet sich gern an Fett, die andere an Wasser. So packen Seifen, die schon seit Jahrhunderten durch Verkochen von Ölen und Fetten hergestellt werden, den fetthaltigen Schmutz und lassen sich anschließend in Wasser davonspülen.

Genau nach dem gleichen Prinzip reinigen Tenside, die erst im vorigen Jahrhundert quasi als moderne Nachbildung der Seifen erfunden wurden. Reinigungsmittel mit Tensiden haben einen Vorteil: Ihr pH-Wert lässt sich beliebig einstellen, während der von Seife immer im basischen Bereich etwa zwischen 8 und 10 liegt.

Eine "seifenfreie" ausgelobte Waschlotion könnte also theoretisch auch auf einen anderen pH-Wert als den der Haut eingestellt sein. In unserem Test ist das aber nicht der Fall: Alle "seifenfreien" Produkte sind auch "pH-hautneutral".

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Für diesen Test haben wir insgesamt 22 Waschlotionen, -emulsionen, -cremes und -gele eingekauft, die als "hautfreundlich", "pH-hautneutral" oder mit "pH 5,5" ausgelobt waren, zwei davon sind zertifizierte Naturkosmetik. Bezogen haben wir die Produkte in Drogerien, bei Discountern, in Apotheken sowie im Internet für Preise zwischen 0,75 und 13,88 Euro pro 300 Milliliter. Unabhängige Labore haben für uns die pH-Werte der Reinigungsprodukte und eventuell ausgelobte Urea-Gehalte nachgemessen. Bei der Beurteilung der pH-Werte orientierten wir uns an der Empfehlung der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) für pH-hautneutrale Produkte. Außerdem untersuchten die Labore die Reinigungsprodukte auf Formaldehyd/-abspalter, allergieauslösende Duftstoffe, Cashmeran, Nitromoschus- und polyzyklische Moschusverbindungen. Enthielt ein Reinigungsmittel laut Deklaration Tonmineralien wie Löss, ließen wir es auf Schwermetalle analysieren. PEG/PEG-Derivate und synthetische Polymere erfassten wir anhand der Deklaration. Die Verpackungen ließen wir im Labor auf chlorierte Verbindungen testen. Zudem fragten wir die Hersteller, ob und wie viel recyceltes Plastik aus dem Gelben Sack – sogenanntes Post-Consumer-Rezyklat (PCR) – sie in den Kunststoffverpackungen einsetzen, und ließen uns die Angaben gegebenen falls belegen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um eine Note: PEG/PEG-Derivate.

Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: synthetische Polymere als Kunststoffverbindungen (hier: Polyquarternium-10). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Umkarton, der kein Glas schützt; b) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung, keine Angabe hierzu und/oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage; c) Werbung mit Klimaneutralität, CO2-Neutralität oder einer missverständlichen CO2-Bilanz ohne ausreichende Information dazu auf dem Produkt (hier: klimaneutral, Climate Partner).

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die von den Herstellern versprochenen Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden

Diethylphthalat/Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS. Elemente: Elementbestimmung mittels ICP-MS. Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Photometrie. Harnstoff: LC-UV. pH-Wert: pH-Messung mit Elektrode (Potentiometrie). PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse. Weitere Inhaltsstoffe: per Deklaration.

Einkauf der Testprodukte: November 2023 bis Januar 2024

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