Sandalen für Damen und Herren im Test: Viele Schadstoffe gefunden

ÖKO-TEST Jahrbuch Kosmetik für 2011 | | Kategorie: Kosmetik und Mode | 05.11.2010

Sandalen für Damen und Herren im Test: Wir haben 16 Schuhe überprüft.

Eine schöne, bequeme Sandale zu tragen, ist für sich schon ein kleines Stück Urlaub. Umso trauriger, dass alle Schuhe im Test voller Schadstoffe stecken, viele stark abfärben und zu klein sind. Ein Markenprodukt verstößt sogar gegen gesetzliche Mindestanforderungen.

"ÖKO-TEST-Ergebnisse stoßen auf Kritik – Magazin betreibt Panikmache in der Schuhbranche." Nachdem die verheerenden Ergebnisse unseres Tests Damensneakers erschienen waren, ließen Branchenmagazine wie Pro Leder ausgiebig die Hersteller der belasteten Produkte mit ihrer Kritik an ÖKO-TEST zu Wort kommen. Die schlechten Ergebnisse seien überzogen und überhaupt doch "nur" zwei von 15 Produkten so stark belastet, dass sie gegen Vorschriften verstoßen – so der Tenor.

Das von Industrie und Handel getragene Schuhinstitut (DSI) bemängelte unter anderem, dass ÖKO-TEST keine Differenzierung vornehme zwischen "unproblematischem Chrom-III und dem gesundheitsschädlichen Chrom-VI". Möglicherweise haben die Kritiker unseren Artikel nicht richtig gelesen, denn selbstverständlich haben wir Chromat (Chrom-VI) sehr viel strenger bewertet.

Sandalen für Damen und Herren im Test

Wir wollten wissen, ob Freizeitsandalen zum Barfußtragen weniger belastet sind als Sneakers und haben zehn Damen- und sechs Herrenmodelle in die Labore geschickt. Außerdem wurde das Schuhwerk in einer umfangreichen Praxisprüfung auf Passform, Farbechtheit und Robustheit untersucht.

Das Testergebnis: Da kann man als Schuhliebhaberin ganz schön Liebeskummer bekommen: Selten stoßen wir bei einem Test auf solch eine Vielzahl von Problemen, wie bei dieser Produktgruppe. Wie schon im Test Damensneakers ist wieder ein Produkt dabei, das wegen eines als krebserregend eingestuften Farbbestandteils nicht verkehrsfähig ist.

Die in den anderen Schuhen nachgewiesenen Schadstoffbelastungen verstoßen unseres Wissens zwar nicht gegen die aktuell geltenden Gesetze. Das heißt aber nicht, dass mit den Inhaltsstoffen verbundene Risiken für Gesundheit oder Umwelt nicht längst bekannt wären. Bei einigen kritischen Chemikalien, zum Beispiel den kurzkettigen Chlorparaffinen, setzt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auch auf den guten Willen der Hersteller und empfiehlt, auf den Einsatz in Bekleidung ganz zu verzichten.

Die Schlechtesten unter den Schlechten sind die nicht verkehrsfähigen Herrensandalen Dockers by Gerli. Darin wurde p-Aminoazobenzol deutlich oberhalb der gesetzlichen Toleranzgrenze nachgewiesen. Dieser Farbstoffbestandteil gilt als krebserregend und ist daher zum Färben von Textilien verboten. Zudem steckt in den Dockers noch ein beträchtliches Sammelsurium an weiteren Schadstoffen.

Alle Sandalen im Test enthalten PAK 

Alle Schuhe im Test enthalten PAK, bei zehn Modellen waren die Werte stark erhöht. Viele PAKs sind krebserregend und können über die Haut aufgenommen werden. Diese Stoffe möchte daher wohl niemand an den eigenen Füßen spazieren tragen. In den Sandalen von Buffalo und Jack Wolfskin fand das Labor auch noch erhöhte Gehalte der besonders kritischen Substanz Benzo(a)pyren.

Die Hälfte der Schuhe enthält den Farbstoffbestandteil Anilin, der - obwohl krebsverdächtig - in Kleidung legal ist. In der Damensandale von Geox stecken darüber hinaus noch der als krebserregend eingestufte Farbstoff Dispers-Gelb 3 sowie die allergisierenden Farbstoffe Dispers-Orange 3 und Dispers- Rot 1.

Kritik an weiteren Inhaltsstoffen mancher Sandalen 

Die Sandalen der Marken Buffalo, Tamaris und Bama enthalten kurzkettige Chlorparaffine, die unter Krebsverdacht stehen und sich deshalb auch auf der Kandidatenliste für besonders besorgniserregende Stoffe der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) finden.

Formaldehyd in Leder mit Hautkontakt kritisieren wir außer bei den Dockers noch in der Graceland Riemensandale von Deichmann. Formaldehyd ist ein krebsverdächtiger Stoff, der Allergien auslösen kann.

Eine gute Nachricht gibt es doch: Anders als im Test Damensneakers fand das von uns beauftragte Labor in diesem Schuhtest kein krebserzeugendes Chromat (Chrom-VI) im Leder. Alle Ledersandalen weisen hohe Werte an Chrom aus der Gerbung auf, das die Umwelt belastet. Chrom werten wir nur um eine Note ab.

So schnitten die Sandalen in der Praixsprüfung ab 

Weniger düster sehen die Ergebnisse der Praxisprüfung aus: Hier schnitten die Damensandalen von Esprit und Rieker sogar mit "sehr gut" ab. Sprichwörtlich zum Schwarzärgern ist dagegen, dass mehr als die Hälfte der Schuhe an irgendeiner Stelle stark abfärbt.

Bei der Sandale von Panama Jack kann aus einer Beschädigung der Sohle durch eine Scherbe schnell ein großer Riss werden. Bei den Marken Tatami Birkenstock und Buffalo bildeten sich in der Dauerbiegeprüfung auch noch spontan weitere Risse. Bei der Prüfung der Reißfestigkeit der Riemen zeigte als Einzige die Geox D S. Strel T Durabuck + Suede Schwächen.

Verbreitet ist nach wie vor, dass die Schuhgröße nicht stimmt. Vier Modelle waren eine ganze Größe kleiner, eines eine ganze Größe größer als angegeben.

So reagierten die Hersteller

Der Anbieter der Dockers by Gerli kündigte an, die Sandale bei seinen Kunden zurückzurufen - allerdings nur in der von ÖKO-TEST untersuchten Produktionscharge 102279. Die Chargennummer ist auf einem Einnäher im Schuh zu finden.

Die Firma Jack Wolfskin erklärte, dass voraussichtlich ab Sommer 2011 kein PVC mehr in den Grifflaschen der getesteten Sandale oder anderen Jack-Wolfskin-Produkten enthalten sein werde.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Passend zur Urlaubszeit haben wir solche Sandalen getestet, mit denen man den ganzen Tag Fahrrad fahren oder durch die Stadt streifen kann, die aber so hübsch sind, dass man sich abends auch noch damit ins Kino traut. Für Männer ist das Angebot hier leider deutlich dünner. Deshalb haben wir mehr Damenmodelle mit in den Test genommen. Außer bei dem Modell von Esprit ist an allen mehr oder weniger Leder dran. Neben Modemarken kauften wir auch klassische Schuhmarken und Sandalen von Outdoorausrüstern ein. Die Preisspanne reichte dabei von knapp 20 bis knapp 100 Euro. Der Vergleichbarkeit halber erwarben wir alle Damensandalen in Größe 37 und alle Herrensandalen in Größe 42.

Die Praxisprüfung

Gebrochene Sohlen sind ein besonders häufiger Reklamationsgrund - deshalb ließen wir das Biegeverhalten der Laufsohle in einer Dauerprüfung testen. Um zu sehen, ob der Schuh schnell unbrauchbar wird, wenn man einmal in eine Scherbe getreten ist, stachen die Tester einen spitzen Dorn in die Sohle und dokumentierten das Wachstum des Risses. Wie sehr die Materialien mit Hautkontakt abfärben, wurde realitätsnah durch Reiben im trockenen und nassen Zustand sowie mit einer künstlichen Schweißlösung überprüft. Damit man im Schuhgeschäft und vor allem beim Bestellen übers Internet weniger Stress hat, sollte die angegebene Größe stimmen. Tester mit genau vermessenen Füßen probierten die Schuhe für uns an. Außerdem wurde maschinell untersucht, ob die Riemen halten - wichtig etwa, wenn einem hinten jemand auf den Schuh tritt.

Die Inhaltsstoffe

In den Sandalen sind eine Vielzahl von Materialien verarbeitet. Dementsprechend umfangreich war das Prüfprogramm. Wir ließen auf Verbindungen testen, die besonders in Kunststoffen vorkommen, wie Weichmacher, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und zinnorganische Verbindungen. Bekannte Rückstände aus der Lederverarbeitung und Konservierung, die man nicht auf dem eigenen Fell haben möchte, sind Chlorkresole und -paraffine sowie Formaldehyd. Bei den Metallschnallen mit Hautkontakt haben wir zudem untersuchen lassen, ob sich Nickel löst. Außerdem ließen wir nach Azo-Farben fahnden, die als krebserregend gelten.

Die Bewertung

Wenn eine Sandale, die man barfuß trägt, mit Schadstoffen belastet ist, tröstet es wenig, dass sie gut passt. Dass der Schuh drückt oder schnell kaputtgeht, können die Käufer wenigstens selbst bemerken, was bei den Inhaltsstoffen ohne aufwendige Laboranalysen nicht geht. Die Sandalen können im Gesamturteil deshalb nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein abfärbender Schuh, dessen Sohle schnell hinüber ist, hätte aber auch bei kompletter Schadstofffreiheit insgesamt nicht gut abgeschnitten: Das Testergebnis Praxisprüfung geht immerhin zu 40 Prozent in das Gesamturteil ein.