35 Baumärkte im Test

Das ist der Hammer!

ÖKO-TEST Jahrbuch Bauen, Wohnen, Renovieren für 2010 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 09.11.2009

35 Baumärkte im Test

Wer in Haus oder Wohnung selbst Hand anlegen will, kommt um den Baumarkt kaum herum. Doch nicht überall sind Farbe, Werkzeug und Bohrmaschinen günstig zu haben. Auch bei bestimmten Serviceleistungen heißt es oft: Fehlanzeige.

Manche Menschen lieben Baumärkte. Diese passionierten, erfahrenen Heimwerker wissen genau, was sie brauchen und können auf Beratung getrost verzichten. Der durchschnittliche Kunde muss bautechnische Herausforderungen allerdings oft ohne viel Vorwissen bewältigen und wäre für eine gute Beratung mehr als dankbar. Die gibt es sicher nicht überall in gleicher Qualität. Doch weil wir es nicht für gerechtfertigt halten, aufgrund weniger Stichproben darauf zu schließen, ob die Beratung bei Obi besser ist als bei Praktiker, vergeben wir keine Urteile dafür. Stattdessen haben wir uns darauf konzentriert, den Themen Serviceleistungen, Qualität der Produkte und Preise nachzugehen.

Vor allem Preiskampf ist in der Branche üblich. "20 Prozent auf alles, außer Tiernahrung." Der Werbespruch von Praktiker für die regelmäßigen Rabattaktionen ist Kult. Übrigens: Nicht wegen der Tiernahrung bekam Praktiker ob des Slogans Ärger mit der Justiz: Da in den Baumärkten auch Tchibo-Artikel zu haben sind, für die der versprochene Rabatt nicht gewährt wird, monierten Wettbewerbshüter die irreführende Werbung. Während der Rabattaktionen werden die in rund 50 Praktikermärkten angebotenen Tchibo-Artikel deshalb zeitweise nicht vermarktet.

Toom, Hornbach und Co. buhlen weiterhin mit ständig wechselnden Spots in Radio, Fernsehen und im Internet um die Gunst der Käufer. Und Hornbach verspricht im Gegenzug Dauertiefstpreise: "Auch bei Tiernahrung!" Um dieses Versprechen einzulösen, leistet sich der Anbieter tagtäglich aufwendige Preisrecherchen bei der Konkurrenz.

ÖKO-TEST wollte wissen, welcher Baumarkt hinsichtlich Produktqualität, günstige Preise und umfangreichen Service der Beste ist. In unserem großen Vergleich haben wir neun führende Baumarktketten einbezogen. Für das Urteil Produktqualität verglichen wir die Eigenmarken der Baumärkte und zogen dabei zwölf bereits veröffentlichte ÖKO-TESTs heran.

Zwischenzeitlich haben die Anbieter ihre Produkte, beispielsweise Acryl- und Silikonfugenmassen, erfreulicherweise schon verbessert. Um die ursprünglichen Qualitäten aber vergleichbar zu halten, haben wir die aktuellen Veränderungen in diesem Baumarktvergleich noch nicht berücksichtigt.

Die Preise ermittelten wir anhand eines standardisierten Warenkorbs, für den wir die einzelnen Preise bei den Baumarktzentralen abfragten und in Baumärkten überprüfen ließen. Da die Preise aufgrund des Wettbewerbs lokal stark schwanken, legten wir die Region Niedersachsen/Schleswig-Holstein zugrunde.

Außerdem fragten wir nach Serviceleistungen und wie umfassend sie in den Filialen angeboten werden.

Das Testergebnis

Gute Qualität muss nicht teuer sein: Obi und Hornbach liegen sowohl bei der Qualität der getesteten Eigenmarken vorn als auch in unserem großen Preisvergleich. Bauhaus belegt dagegen jeweils den letzten Rang. Hellweg-Produkte sind zwar qualitativ gut, befinden sich aber im mittleren Preissegment. Die von uns abgefragten Serviceleistungen werden bei Bauhaus, Hornbach und den Toom-Baumärkten am umfassendsten angeboten.

Bei einigen getesteten Eigenmarken gibt es deutliche Qualitätsunterschiede. Die wasserbasierten Lackfarben von Obi und Hornbach sind beispielsweise mit "sehr gut" besser als die der Konkurrenz. Obi hat im Schnitt die Nase vorn, die Produkte von Hellweg und Hornbach sind aber fast genauso gut. Schlusslichter sind die Eigenmarken von Max Bahr und Bauhaus. Allerdings gibt es Produktgruppen, bei denen alle Märkte durchweg schlecht beziehungsweise gut abschneiden. So sind alle PVC-Bodenbeläge "ungenügend", alle Montageschäume "mangelhaft", weil sie stark mit Schadstoffen belastet sind. Dagegen schneiden, unabhängig vom Anbieter alle Raufasertapeten mit "sehr gut" ab.

Trotz des harten Wettbewerbs gibt es teilweise deutliche Unterschiede bei den Preisen für den von uns zusammengestellten Warenkorb aus 63 Produkten. Die maximalen Unterschiede zwischen den günstigsten Baumärkten Hornbach und Obi und dem teuersten Baumarkt Bauhaus machen in unserem Vergleich rund 25 Prozent aus. Praktiker ist regulär rund sieben Prozent teurer als der günstigste, dürfte aber während der aggressiven Rabattaktionen wie "20 Prozent auf alles" die Nase vorn haben. Unser Ergebnis zeigt deutlich, dass die Märkte eine Mischkalkulation vornehmen, dass einzelne Produkte günstiger und andere teurer als bei der Konkurrenz angeboten werden. Wer mehrere Produkte kauft, ersteht möglicherweise einen günstigen Gummihammer, legt das gesparte Geld aber beim Tapetenablöser wieder drauf. Vor diesem Hintergrund können wir nicht uneingeschränkt den einen oder anderen Baumarkt als den billigsten empfehlen. Es gibt aber klare Trends. Obi und Hornbach sind im gesamten Durchschnitt am günstigsten. Die meisten Preishits unseres Warenkorbs finden sich bei Globus, gefolgt von Hornbach und Bauhaus. Bei Bauhaus drücken einzelne teure Produkte den Durchschnitt, dennoch kann der Kunde in vielen Fällen dort preiswert einkaufen. Fazit: Bei größeren Anschaffungen muss der Kunde im Einzelfall die Preise vergleichen, wenn er günstig einkaufen will.

Die Elektromarkengeräte sind meist ähnlich teuer, doch es gibt Ausnahmen, die zeigen, dass der Heimwerker aufpassen muss. Der Bosch Akkuschrauber kostete in zwei Märkten 20 Euro mehr. Aber auch der Kauf von Kleinteilen kann ins Geld gehen. Wer einzelne Bogen Schleifpapier kaufen will, findet bei Praktiker nur einen teuren Fünferpack für über sieben Euro. Bei Schrauben und Nägeln werden sehr unterschiedliche Gebindegrößen angeboten, sodass sich der Vergleich sowohl bei großen wie bei kleinen Mengen lohnt. Wer dämmen will, findet bei Max Bahr das billigste Styropor EPS 040.

Ursprünglich sollte unsere Preisübersicht noch eine ganze Reihe weiterer Produkte beinhalten. Allerdings waren viele der von uns ausgewählten Produkte in den Baumärkten nicht in gleicher oder vergleichbarer Ausführung vorhanden, sodass sie auch nicht in den Vergleich eingegangen sind. Erstaunt waren wir beispielsweise, dass es bekannte Markenprodukte nicht überall gab. So hatte Max Bahr keine Fischer-Dübel im Programm, auch Produkte von Knauf wie Easyputz, Perlite wurden nicht überall angeboten, ebenso Alpina-Farben und -Lacke. Alle Baumärkte führen wohl die gängigen Bosch-Geräte, aber nicht unbedingt die Zubehörteile des Herstellers, wie Bohrer und Sägeblätter. Wer als Hobbyhandwerker bestimmte Produkte und Marken sucht, muss demnach einige Baumärkte abklappern, bis er fündig wird.

Das betrifft auch geeignete Abmessungen und Gebindegrößen. Die Stärken der Holzwerkstoff- und Kunststoffplatten differiert, die Abmessungen von Fertigplatten, Latten und Rahmenhölzern sind unterschiedlich. Bei Armaturen gibt es jeweils andere Modelle, auch wenn die meisten Märkte Produkte der Hersteller Grohe und Hansgrohe führen. Die Vergleichsmöglichkeit ist also stark eingeschränkt - auch für Verbraucher. Wer nicht genau weiß, was er will, und sich über die Auswirkungen der Unterschiede zwischen den angebotenen Varianten nicht informiert hat, hat wenig Chance, das preislich optimale Produkt zu erwerben.

Der Abgleich der Preise ergab, dass diese vor Ort oft sogar günstiger waren, als von der Zentrale angegeben. Das kann am Wettbewerb vor Ort liegen oder daran, dass unsere Überprüfung zeitversetzt erfolgte. Offenbar werden Preise im Baumarkt innerhalb kurzer Zeit geändert.

Zeus/Hagebau erwies sich als Sonderfall. Hagebau wurde als Einkaufsverbund von eigenständigen Baustofffachhändlern gegründet, die als Gesellschafter fungieren. Erst später kamen Hagebaumärkte im Franchisesystem hinzu, die die klassischen Baustoffe nicht führen. Diese wiederum gibt es in den eigenständigen Baustoffhandlungen, die nach Aussagen von Hagebau eher profiorientiert sind und höherwertige und höherpreisige Produkte führen. Dadurch war es nicht möglich, die Hagebaumärkte in den direkten Preisvergleich aufzunehmen.

Nicht überall kann man mit umfangreichen Serviceleistungen rechnen. Bauhaus, Hornbach und die Toom-Baumärkte kommen in unserem Vergleich auf die vorderen Ränge. Bezogen auf ihr Filialnetz bieten sie die abgefragten Leistungen prozentual am häufigsten an. Einige Leistungen, wie Farbmischservice und Holzzuschnitt, bekommt man fast überall. Bei Feinarbeiten, etwa Topfbohrungen, die für das Einsetzen von Scharnieren gebraucht werden, sieht es schon schwieriger aus. Wer Bohrmaschine und Co. vom Baumarkt leihen will oder eigene Messer oder Werkzeuge schärfen lassen muss, kann nicht mit flächendeckender Versorgung rechnen. Auch Transporter gibt es nicht überall zu leihen. Löblich: Bauhaus, Hornbach und Obi reparieren im Baumarkt angebotene Geräte unabhängig vom Fabrikat. Die anderen bieten den Reparaturservice nur, wenn der Hersteller des Geräts dafür sorgt.

So reagierten die Hersteller

Eigentlich sollte alles ganz einfach sein. Wir wollten Preise und Serviceleistungen von den Herstellern abfragen und anschließend in einem Baumarkt der vorgegebenen Region Niedersachsen/Schleswig-Holstein überprüfen lassen. Nur sechs der neun Baumarktketten waren auf unsere Anfrage hin bereit - wenn auch teilweise zögerlich, mit uns zu kooperieren. Zeus/Hagebau wollte sich aus Zeitgründen nicht beteiligen. Hellweg ließ uns wissen, dass sie grundsätzlich nicht an Umfragen teilnehmen. Globus hielt den Preisvergleich für problematisch und wollte einen solchen nicht unterstützen. Vorbildliche Auskünfte erhielten wir beispielsweise von Obi, das Unternehmen gab wegen der örtlichen Preisunterschiede sogar die Preise von fünf Baumärkten der Region an und ermittelte einen Durchschnittspreis. Auch Hornbach lieferte gut kommentierte Preisangaben.

Da Toom bei Preisschwankungen immer nur die untere Preisgrenze angeben wollte, gingen wir auch bei Obi von den günstigsten Normalpreisen aus. Die anderen Baumärkte gaben keine Preisschwankungen an. Sonderangebote wurden - soweit ersichtlich - nicht berücksichtigt.

Da Hagebau, Hellweg und Globus die Angaben verweigert hatten, ließen wir die Preise in einem Baumarkt der Region erheben und legten sie den Zentralen noch einmal vor. Globus kommentierte und korrigierte daraufhin einige Preise. Hellweg schwieg zunächst, meldete sich dann aber doch nach der Veröffentlichung und teilte uns eine Liste von Eigenmarken-Produkten mit, die noch zu einem günstigeren Preis als in der von uns erhobenen Variante zu haben seien. Bei den Serviceleistungen machte Globus nur teilweise Angaben, Hagebau sah sich außerstande, die gewünschten Informationen zu liefern und wird deshalb in unserem Ranking der Serviceleistungen nicht berücksichtigt.

Die von den Baumärkten angegebenen Preise wurden in einer Filiale überprüft. Toom teilte uns mit, dass wir eine ehemalige Marktkauf-Filiale gewählt hätten, die erst kürzlich in Toom umgewandelt und noch nicht vollständig angepasst worden sei.