Klimaschutz trotz Krieg: Was bringt die Weltklimakonferenz COP27?

Autor: Torsten Holtz, dpa | Kategorie: Freizeit und Technik | 01.11.2022

Worum geht es bei dieser Weltklimakonferenz? Und warum ist sie so wichtig?
Foto: Christoph Soeder/dpa

Stürme, Überschwemmungen, Dürren – die Folgen der Klimakrise betreffen weltweit Millionen. Um die Erderhitzung zu begrenzen, treffen sich nun fast alle Staaten zur Weltklimakonferenz. Belastet wird die COP27 nicht nur vom Ukraine-Krieg.

Rund 30 000 Teilnehmer, fast 200 Staaten – das Treffen im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich ist gigantisch. Die Aufgaben der zweiwöchigen Weltklimakonferenz, die diesen Sonntag beginnt, sind es auch: Es geht um nichts weniger als eine Überlebensfrage für Millionen Menschen.

Doch ein beherztes, gemeinsames Anpacken der Staatengemeinschaft ist illusorisch. Das Treffen wird überschattet vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, der weltweit viel Misstrauen gesät hat. Dies könnte nach Befürchtungen vieler Diplomaten wegweisende Vereinbarungen vereiteln.

Was ist die Weltklimakonferenz – oder COP27?

Die Weltklimakonferenz tritt jährlich zusammen, immer in einem anderen Land. Auf Einladung der Vereinten Nationen debattieren rund 200 Staaten zwei Wochen lang, wie die Erderhitzung auf ein noch erträgliches Maß eingedämmt werden kann.

COP steht kurz für "Conference of the Parties", also die Konferenz der Parteien  gemeint sind jene Staaten, die die sogenannte Klima-Rahmenkonvention unterschrieben haben. Dieses Jahr trifft man sich in Ägypten zum 27. Mal – daher COP27. Es reisen voraussichtlich etwa 30 000 Menschen an – nicht nur Regierungsvertreter, sondern auch Hunderte Journalisten und zig Vertreter von Klimaschutzorganisationen.

Ob Dürren, Stürme oder Überschwemmungen: Die Folgen des Klimawandel sind schon jetzt deutlich zu spüren.
Ob Dürren, Stürme oder Überschwemmungen: Die Folgen des Klimawandel sind schon jetzt deutlich zu spüren. (Foto: Heiko Kueverling/Shutterstock)

Warum gibt es überhaupt Weltklimakonferenzen?

Die Wissenschaft warnt die Politik schon seit Jahrzehnten: Zu viele Treibhausgase in der Luft, also vor allem Kohlendioxid (CO2) und Methan, sorgen dafür, dass sich die Erde immer weiter aufheizt und teilweise unbewohnbar werden könnte.

Auch gibt es je nach Region häufiger Stürme, Dürren und Überschwemmungen – mit vielen Millionen Opfern. Erste Weltklimakonferenzen gab es deshalb schon Ende der 70er und in den 80er Jahren. Die erste "COP" unter dem Dach der Klima-Rahmenkonvention fand 1995 in Berlin statt.

Deutsche Verhandlungsführerin war damals Angela Merkel, als Umweltministerin unter Kanzler Helmut Kohl (CDU). Schon vor mehr 27 Jahren setzte sich der Gipfel das Ziel, festzuschreiben, bis wann und wie stark weltweit der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase reduziert werden soll.

Worum geht es bei dieser Klimakonferenz?

Die Konferenz schafft vor allem Transparenz. Denn sie legt in trauriger Regelmäßigkeit offen, dass viele Staaten zwar schon nachhaltiger wirtschaften, aber insgesamt längst nicht genug tun beim Klimaschutz.

Deshalb bleibt aus Sicht aller Experten das 2015 gemeinsam gesteckte Ziel weiter in beträchtlicher Ferne, die Erderhitzung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen – schon jetzt sind wir nämlich bei 1,1 Grad. Ein Unterschreiten der 1,5-Grad-Marke senkt das Risiko, "Kippelemente" im Klimasystem und unkontrollierbare Kettenreaktionen auszulösen.

Aber: Anders als 2021 bei der COP26 in Glasgow versprochen, haben die meisten Regierungen ihre nationalen Pläne zum Klimaschutz in diesem Jahr nicht ausreichend nachgeschärft – also vor allem den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas verschleppt sowie den klimafreundlichen Umbau von Verkehr und Landwirtschaft vernachlässigt.

Schlecht steht unter anderem China da, das Land mit dem rein mengenmäßig größten CO2-Ausstoß: Die Volksrepublik verspricht in ihrem 2021 bei den UN hinterlegten Klimaschutzplan lediglich, dass Chinas Emissionen nur noch bis 2030 steigen sollen. Zudem will das Riesenreich erst 2060 kohlendioxidneutral werden – zehn Jahre später als die meisten Industrienationen.

Drohende Erderwärmung von weit über zwei Grad

Selbst wenn alle vorliegenden Klimapläne der Staaten umgesetzt werden, steuert die Welt nach Analysen des Thinktanks "Climate Action Tracker" auf eine Erwärmung von weit über zwei Grad zu – bei vorerst weiter steigenden CO2-Emissionen.

Um das 1,5-Grad-Ziel zu schaffen, müssten laut Weltklimarat IPCC die globalen Emissionen aber eigentlich bis 2025 ihren Höhepunkt erreicht haben – und dann bis 2030 im Vergleich zu 2019 zügig um 43 Prozent gesenkt werden.

Spätestens zum Start der Konferenz wären also viel ehrgeizigere Zusagen fällig – die aber kaum jemand erwartet angesichts der aktuellen Energiekrise, in der viele Staaten verstärkt auf klimaschädliche Kohle setzen und den Sprit- und Gasverbrauch mit Milliarden subventionieren.

Wann wäre die COP27 erfolgreich?

Am Ende steht eine Art Abschlusserklärung. Darin müsste eigentlich nachvollziehbar erklärt werden, wie die Staatengemeinschaft konkret auf den 1,5-Grad-Pfad kommen will.

Doch ist es angesichts der neu aufgerissenen Gräben etwa zwischen der Nato und Russland (wegen des Ukraine-Kriegs) oder auch China und den USA (wegen Pekings Ansprüchen auf Taiwan) sogar denkbar, dass noch nicht einmal ein finales Papier beschlossen wird.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte dieser Tage ernüchtert, es sei in diesen Zeiten nicht automatisch klar, dass es ein Abschlussdokument gibt. Auf die Frage, welches Minimalziel die Bundesregierung bei der UN-Konferenz denn verfolge, sagte die Grünen-Politikerin: "Dass sie stattfindet. Das weiß man in dieser Weltlage nie."

"Es herrscht ein Mangel an Vertrauen"

Ein anderes Thema, zu dem die ägyptischen Gastgeber Beschlüsse anstreben, ist das Geld. Konkret geht es um Finanzhilfen für den Klimaschutz in ärmeren Staaten. Die reichen Länder und Entwicklungsbanken haben zwar vor Jahren versprochen, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar dafür zu mobilisieren.

Diese Summe, überwiegend Darlehen, wird nun aber wohl erst 2023 erreicht – und eine von den Entwicklungsländern erwartete Anschlussfinanzierung mit höheren Summen steht noch aus.

Das sorgt vorab für Frust bei etlichen Entwicklungsländern – und gilt schon jetzt als Hypothek für das Treffen in Scharm el Scheich. Der Gastgeber, Ägyptens Außenminister Samih Schukri, formuliert im dpa-Interview so: "Es herrscht ein Mangel an Vertrauen."

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