Nach Verbot in Lebensmitteln: Bleibt Titandioxid in Medikamenten?

Autor: Heike Baier | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 24.09.2022

Titandioxid kommt auch in Medikamenten zum Einsatz.
Foto: okskaz/Shutterstock

In Lebensmitteln ist Titandioxid seit August EU-weit verboten, weil es möglicherweise das Erbgut verändert. Aber was ist mit Medikamenten, wo das Weißpigment ebenfalls zum Einsatz kommt? 

Titandioxid ist der meist verwendete Farbstoff in pharmazeutischen Produkten und kommt daneben auch als Trübungsmittel oder zum Schutz gegen UV-Strahlung zum Einsatz. Doch innerhalb der nächsten drei Jahre wird hier vermutlich nicht viel passieren. Das nehmen wir schon mal vorweg. 

Titandioxid als zugelassener Zusatzstoff 

Bereits im September 2021 hatte die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) auf Veranlassung der EU-Kommission ein Gutachten zur Verwendung bzw. Vermeidung von Titandioxid in Arzneimitteln vorgelegt.

Dort empfahl sie, Titandioxid vorläufig in der Liste der zugelassenen Zusatzstoffe zu belassen, um Engpässe bei Arzneimitteln zu vermeiden. Diese könnten durch zeitintensive Zulassungsprüfungen von Austauschstoffen zustande kommen, so die Befürchtung der EMA. Titandioxid verbleibt also vorerst in der Liste der für Arzneimittel zugelassenen Stoffe.

Genotoxisches Potential nicht ausgeschlossen

Im Mai 2021 war die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einem wissenschaftlichen Gutachten zum Schluss gekommen, dass für Titandioxid ein genotoxisches Potential nicht mehr ausgeschlossen werden könne, wenn es über Lebensmittel in den Körper gelangt.

Das Potential, über die Darmschleimhaut in Zellen einzudringen und Entzündungen auszulösen, hat Titandioxid offenbar vor allem dann, wenn es in Nano-Größe vorliegt. Das zumindest legen Studien an Mäusen von 2017 nahe.

Titandioxid in Medikamenten: Ein Verbot wird so schnell wohl nicht kommen.
Titandioxid in Medikamenten: Ein Verbot wird so schnell wohl nicht kommen. (Foto: Farknot Architect/Shutterstock)

Ist Titandioxid in Medikamenten bedenklich? 

Geht also durch den vorläufigen Verbleib des Weißpigments eine Gefahr von pharmazeutischen Produkten aus? "Ich halte die gesundheitlichen Risiken für sehr gering", beruhigt Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz vom Institut für pharmazeutische Chemie an der Goethe-Uni Frankfurt mögliche Befürchtungen.

Der mengenmäßige Anteil von Titandioxid variiere von Arzneimittel zu Arzneimittel, liege aber meist deutlich unter einem Prozent. "Ungeachtet dessen gehe ich davon aus, dass es mittelfristig zu einem Verbot von Titandioxid als Hilfsstoff in Arzneimitteln kommen wird", glaubt Schubert-Zsilavecz.

Wird Titandioxid in Medikamenten verboten? 

Der weitere Zeitplan dafür sieht so aus: Die EU-Kommission hat nun bis Januar 2025 Zeit zu prüfen, ob Titandioxid von dieser Liste der zugelassenen Zusatzstoffe zu streichen ist. Grundlage für diese Entscheidung soll ein erneute Bewertung des Stoffes durch die EMA bis April 2024 sein.

Immerhin ist die Pharmazeutische Industrie schon vorher aufgefordert, nach Alternativen für Titandioxid zu suchen und ihre Forschung zu beschleunigen. Was es beim Austausch oder der Entfernung des Stoffes sowie den damit verwendeten Zulassungsprozessen zu beachten gilt, dazu hat die EMA nun auf ihrer Website Fragen und Antworten veröffentlicht.

Schubert-Zsilavecz: "Pharmazeutisch-technisch kann Titandioxid leicht durch andere Stoffe ersetzt werden."

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