Ist Apfelessig gesund und empfehlenswert?

Magazin Februar 2022: Vitamine | Autor: Lisa-Marie Karl/Meike Rix/Cordula Posdorf | Kategorie: Essen und Trinken | 31.01.2022

Apfelessig im Test: Wir haben 20 Produkte im Labor untersuchen lassen.
Foto: ÖKO-TEST

Apfelessig soll beim Abnehmen helfen, den Stoffwechsel ankurbeln und außerdem gut für Leber, Darm, Haut und Haar sein. Doch diese Versprechen helfen nichts, wenn Apfelessig problematische Inhaltsstoffe enthält. Deshalb haben wir 20 Produkte getestet. 

  • Im Test: 20 Apfelessige. Zwölf davon sind als naturtrüb ausgelobt und acht als klar.
  • Nicht alle Produkte überzeugen gänzlich im Geschmack. 
  • Gut zu wissen: Apfelessig liefert kein Vitamin C.

Es gibt kaum ein anderes Lebensmittel, dem die Naturheilkunde so viele Wunderwirkungen zuspricht wie dem Apfelessig. Auch in der Küche ist er eine Art Alleskönner: Er schmeckt schön fruchtig, verfeinert Dressings und helle Soßen und eignet sich zum Marinieren von Fleisch, Fisch und Gemüse.

Wir wollten wissen, ob Schadstoffe in Apfelessig steckten und ließen 20 Produkten im Labor überprüfen. 

Apfelessig von Kühne, Hengstenberg und Co. im Test

Apfelessig besteht aus Apfelwein, der mit zugesetzten Essigsäurebakterien fermentiert wird. Die Hersteller filtern die fertigen Essige dann entweder, bis sie klar sind, oder belassen sie naturtrüb. Wichtig ist, dass die Gärungsprozesse richtig abgeschlossen sind, denn sonst können unerwünschte Stoffe im Essig auftreten wie Acetaldehyd oder größere Reste der Alkohole Methanol und Ethanol.

Die Apfelessige im Test haben in dieser Hinsicht kein Problem: Wenn überhaupt, hat das von uns beauftragte Labor die Stoffe nur in sehr geringen Mengen gefunden. Und 0,5 Volumenprozent Restalkohol sind in Obstessig erlaubt.

Apfelessig ist gesund und die von uns untersuchten Produkte waren frei von Problemstoffen.
Apfelessig ist gesund und die von uns untersuchten Produkte waren frei von Problemstoffen. (Foto: mythja/Shutterstock)

Gute Glycerinwerte sind Hinweis auf hohe Qualität 

Ein in Apfelessig erwünschter Stoff ist Glycerin. Er gibt einen Hinweis auf hohe Qualität. Alle Produkte weisen nach den Laborergebnissen gute Werte davon auf.

Außerdem waren die enthaltenen organischen Säuren so verteilt, wie es in einem Apfelessig sein sollte. Das heißt: Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Hersteller andere säurehaltige Zutaten zugesetzt haben. Auch die Zuckeranalyse ergab, dass nach der Gärung nichts zugesetzt wurde, um etwa am Geschmack zu schrauben.

Apfelessig im Test liefert kein Vitamin C

Apfelessig wird manchmal als Vitamin-C-Lieferant angepriesen – zu Unrecht. In den Essigen im Test ist überhaupt kein Vitamin C nachweisbar. Hier bleibt der Essig erwartungsgemäß deutlich hinter Äpfeln oder Apfelsaft zurück. Aber: Anders als Apfelschorle enthält Wasser, aufgepeppt mit einem Löffel Apfelessig, nahezu keinen Zucker.

Alle Apfelessige enthalten Kalium und Calcium, allerdings nicht so viel, dass es sich lohnen würde, den Essig beispielsweise als Veganer extra als Calciumquelle zu sich zu nehmen. Die Anteile der Mineralstoffe lagen im Bereich von frischen Äpfeln – wohlgemerkt im unverdünnten Essig. Im Glas Wasser mit zwei Löffelchen Essigzusatz werden sie verschwindend klein.

(Foto: ÖKO-TEST)

Naturtrüber Apfelessig schmeckt gehaltvoller

Das Verhältnis von Apfelnoten zum essigsauren Geruch und Geschmack kann bei Apfelessig ganz unterschiedlich ausfallen. Da gibt es kein richtig oder falsch. Es ist Geschmackssache.

Auf jeden Fall als angenehm einzustufen sind die besonders "gehaltvollen", an reife Äpfel erinnernden Apfelnoten, die die Sensorikexperten in einigen naturtrüben und seltener in klaren Proben rochen und/oder schmeckten.

Beim Schnuppern am puren Essig notierten sie bei einigen Proben noch weitere Noten wie "würzig", "herb", "Karamell" und "Honig". In der Geschmacksprüfung des mit Wasser verdünnten Essigs waren diese Ausprägungen aber nicht mehr wahrnehmbar.

Kleine Kritik am Geschmack zweier Apfelessige

Kleine Kritikpunkte hatten die Experten nur bei zwei Produkten: Ein Apfelessig im Test wies einen herben und leichten Cidreeindruck im Geruch auf. Der Geschmack im fertig gemischten Getränk war aber dann immerhin einwandfrei.

Und ein weiterer Apfelessig wies eine leichte Trübung auf. Zwar steht hinten auf dem Etikett, dass Trübungen und Ablagerungen "auf die natürliche Herstellung des Produktes" hinweisen würden. Aber viele Verbraucher dürften bei "klar" und "gefiltert" im Produktnamen doch eine andere Erwartung haben.

Zwei Hersteller werben mit Selbstverständlichkeiten

Wie immer haben wir uns auch die Auslobungen der Produkte genau angesehen. Zwei Bio-Anbieter machen aus unserer Sicht Werbung mit Selbstverständlichkeiten, weil sie etwa hervorheben, ohne Farbstoffe beziehungsweise ohne "unnötige Zusätze" auszukommen, die bei Bio-Apfelessig ohnehin nicht erlaubt sind. Dafür vergeben wir Punktabzug.

Unzulässige gesundheitsbezogene Werbeaussagen finden sich auf keinem der Produkte.

Äpfel für den Apfelessig kommen aus der EU 

Deklariert war die Herkunft der Äpfel nur in vier Fällen. Wir haben bei den Herstellern nachgefragt. Demnach stammen die Äpfel von rund der Hälfte der Produkte vollständig sowie in zwei Fällen teilweise aus Deutschland.

Zwei Hersteller haben nicht geantwortet. Der Rest gab nur die grobe Herkunft "EU" an oder konkrete EU-Mitgliedsländer wie Rumänien, Ungarn und Frankreich.

Apfelessig im Test: Jetzt Ergebnisse im ePaper lesen

Macht Apfelessig schlank?

Große Studien zur angeblichen Schlankmacherwirkung von Apfelessig gibt es nicht. Wunder sind nicht zu erwarten. Kleinere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Apfelessig Blutzuckerspitzen verhindern kann, was wiederum Heißhungerattacken vorbeugen könnte.

Wer täglich einen Apfelessig-Drink nehmen möchte, gibt einfach zwei Teelöffel in ein 150-Milliliter-Glas Wasser.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 20 Apfelessige testen lassen – zwölf davon sind als naturtrüb ausgelobt und acht als klar. Dem Angebot im Handel entsprechend haben wir hauptsächlich Bio-Produkte eingekauft. Die Preise liegen zwischen 0,74 Euro und 5,24 Euro pro 750 Milliliter.

In spezialisierten Laboren ließen wir die Produkte unter anderem auf die Mineralstoffe Calcium und Kalium und auf Vitamin C untersuchen. Um Mauscheleien durch zugesetzte Säuren auszuschließen, ließen wir die Säurezusammensetzung bestimmen. Außerdem gehörten unerwünschte Stoffe wie die Alkohole Ethanol und Methanol, möglicherweise zugesetzte Fremdzucker oder nach Lösungsmittel riechende Gärungsbegleitstoffe wie Acetaldehyd zum Untersuchungsprogramm.

Zu guter Letzt haben Sensorik-Experten Aussehen und Geruch der Apfelessige beurteilt und sie mit Wasser verdünnt verkostet. Denn auf den meisten Produkten wird Apfelessig in Wasser ohne weitere Zutaten als Getränk empfohlen. Dann sollte der Geschmack auch stimmen und neben essigsauren Noten auch noch Apfelgeschmack wahrnehmbar sein.

Bewertungslegende 

Produkte mit dem gleichen Gesamturteil sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um jeweils eine Note: a) Mangel im Geruch, beschrieben als "leichter Cidreeindruck, herb"; b) eine sehr leichte Trübung bei einem als klar und gefiltert deklariertem Apfelessig.

Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: Werbung mit Selbstverständlichkeit, welche gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorhebt, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen (hier: "Laut Gesetz ohne Zuckerzusatz, chemische Konservierungsund Farbstoffe. Ohne Gentechnik" und "Unser Apfelessig kommt ganz ohne unnötige Zusätze aus.").

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Testergebnisse Sensorik und Weitere Mängel, die "sehr gut" oder "gut" sind, verschlechtern das Gesamturteil nicht.

Testmethoden 

Gesamtsäure: In Anlehnung an die Methode OIV-OENO 52/2000.
pH-Wert: Elektrometrisch in Anlehnung an die Methode OIV-MA-AS313-15.
Saccharose, Glucose, Fructose, Glycerin, Sorbit: HPLC-RI in Anlehnung an die Methode OIVMA-AS311-03.
Methanol, Ethanol, Acetaldehyd, Ethylacetat, Aceton: Headspace-GC/FID in Anlehnung an die Methode OIV-OENO 70/2000.
Äpfelsäure, Weinsäure: ionenchromatographisch mittels HPIC-LF und -UV in Anlehnung an die Methode OIV-MA-AS313-04.
D- und L-Milchsäure: enzymatisch gemäß IFU-53.
Calcium, Kalium: Aufschluss: DIN EN 13805: 2014, Messung: ASU L 00.00-144: 2019.
Eisen, Kupfer: Aufschluss: DIN EN 13805: 2014, Messung: DIN EN 15763: 2010 mod.
Vitamin C: HPLC nach Extraktion mit einem Gemisch aus Perchlor- sowie Metaphosphorsäure.
Sensorik: nach ASU L 00.90-16:2006; nach Einzelprüfungen werden die Einzelergebnisse in der Gruppe diskutiert und ein gemeinsames Gesamtergebnis erarbeitet. Die sensorische Prüfung des Aussehens und Geruchs erfolgte anhand der unverdünnten Probe. Die sensorische Prüfung des Geschmacks erfolgte anhand der verdünnten Probe (zwei Teelöffel Apfelessig mit 75 ml stillem Wasser).

Einkauf der Testprodukte: Oktober 2021

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.