Darf man noch Aal essen?

Autor: Benita Wintermantel/dpa | Kategorie: Essen und Trinken | 07.03.2023

Darf man noch Aal essen?
Foto: Shutterstock / photohwan

Ein Stück fetter Räucheraal gilt als Spezialität. Doch der Bestand des Fisches ist gefährdet. Zum Schutz soll jetzt ein sechsmonatiges Aalfangverbot in deutschen Meeresgewässern gelten.

Aal gilt bei vielen Familien in Norddeutschland als traditionelles Weihnachtsessen und wird auch sonst gerne verspeist. Um den bedrohten Fisch zu schützen, soll von Mitte September bis Mitte März 2024 ein umfassendes Aalfangverbot für die Fischerei in den deutschen Gewässern von Nord- und Ostsee gelten.

Aal ist vom Aussterben bedroht

Bereits seit 2008 steht der Europäische Aal auf der internationalen Roten Liste und ist als "vom Aussterben bedroht" eingestuft. Damit befindet er sich in der schlimmsten Kategorie für wildlebende Tiere. Noch schlechter sind nur die Kategorien "in der Natur ausgestorben" und "ausgestorben".

Aus diesem Grund geht dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) das sechsmonatige Verbot nicht weit genug. Er kritisiert, dass eine derart bedrohte Art überhaupt gefangen werden darf und fordert einen Fangstopp.

Sechsmonatiges Aalfangverbot in deutschen Meeresgewässern

Die neue Regelung besagt: Für den vom Aussterben bedrohten Aal soll von Mitte September bis Mitte März 2024 ein umfassendes Aalfangverbot für die Fischerei in den deutschen Gewässern von Nord- und Ostsee gelten. Dies legte das Bundesagrarministerium in Abstimmung mit den Küsten-Bundesländern als nächste Schonzeit fest. Die Parlamentarische Staatssekretärin Claudia Müller (Grüne) sagte dazu: "Ohne besseren Schutz steht der Aal vor dem Aus." Angesichts dramatisch geringer Bestände sei es höchste Zeit zu handeln.

Nach EU-Recht müssen die Mitgliedstaaten jeweils ein mindestens sechs Monate langes Aalfangverbot verhängen. Die nun festgelegte Schonzeit vom 15. September 2023 bis zum 14. März 2024 gilt zunächst für dieses und nächstes Jahr, wie das Ministerium erläuterte. Die Zeitspanne sei auch weitgehend an Regelungen in Dänemark und Schweden angeglichen. Hintergrund sei, dass Aale die Meerenge zwischen Dänemark und Schweden passieren müssen, um Laichgründe im Atlantik zu erreichen. Vom Verbot umfasst sind auch Aale, die als Beifang in Netze gehen.

Laut Ministerium soll Ende 2023 auf EU-Ebene über die Rahmenbedingungen für eine dann folgende nächste Schonzeit verhandelt werden. Für Freizeitangler gilt nach EU-Recht in Meeresgewässern ein Aalfangverbot bis 31. März 2024.

Aal sollte nicht mehr auf dem Teller landen.
Aal sollte nicht mehr auf dem Teller landen. (Foto: Shutterstock / Martin Pelanek)

BUND: Freude über Regelung – Forderung von Fangstopp

Als Reaktion auf die Regelung erklärt Valeska Diemel, Fischerei-Expertin des BUND, gegenüber ÖKO-TEST: "Erstmal freuen wir uns sehr, dass die Schließung der kommerziellen Fischerei nun sechs Monate gilt und die Freizeitfischerei in den Meeren ganzjährig verboten ist. Die von Deutschland festgelegte Schonzeit (15. September bis 15. März) ist eindeutig ein politischer Kompromiss, den das BMEL mit den Bundesländern gemacht hat. Ein optimaler Zeitraum für den Schutz des Europäischen Aals während der Wanderung Richtung Sargassosee würde früher losgehen und die Monate August und September vollständig einschließen (anstatt Februar und März). Wichtig ist im nächsten Schritt auch, dass über verbindliche Schonzeiten und Fangverbote in den Binnengewässern verhandelt wird, wo der Großteil der Aale gefischt und geangelt wird."

Der BUND fordert einen Fangstopp für den Aal. "Die Bundesregierung muss beim Schutz des Europäischen Aals eine Vorbildrolle übernehmen und jegliche Fischerei auf Aal verbieten", so die Fischereiexpertin des BUND, Valeska Diemel.

Aal: Gut zu wissen

Der Europäische Aal ist ein wanderfreudiger Fisch. Die Elterntiere schwimmen von Europa und Nordafrika bis in die Bermudas, südlich vor Kalifornien. Dort laichen sie. Die Jungfische werden als Larven mit dem Golfstrom vor die Küsten Europas gebracht. Von dort schwimmen sie dann flussaufwärts etwa bis in die norddeutschen Gewässer. Doch zuletzt kamen so immer weniger Fische – etwa da Flüsse durch Stauwerke so verändert wurden, dass die Aale kaum noch von der Nordsee stromaufwärts in die Binnengewässer wandern konnten.

Nach Angaben des Anglerverbandes Niedersachsen nahm die Zahl der natürlich aufsteigenden Glasaale – so nennt man die ganz kleinen Jungfische – von 1980 bis heute in Deutschland um rund 90 Prozent ab. Um den Bestand zu halten, setzen Fischer auch in Niedersachsen daher jedes Jahr Tausende Glasaale in Flüssen und Seen aus.

Nach BUND-Einschätzung ist die Effektivität dieser Maßnahme bisher nicht nachgewiesen und wissenschaftlich umstritten. "Tatsächlich wird so in erster Linie die Fischerei auf Aal künstlich am Leben erhalten", erklärt Valeska Diemel.

Was ist mit Zucht-Aal? 

Auch Zucht-Aal ist keine Alternative. Dazu schreibt der WWF in seinem Fischratgeber: "Die Aalzucht ist eigentlich eine 'Aalmast'." Für die Zucht müssen junge Glasaale aus dem Meer verwendet werden, denn Aale pflanzen sich in Gefangenschaft nur in wenigen Fällen fort. "Somit belastet auch der Konsum von Aal aus Zucht den vom Aussterben bedrohten Bestand."

Alternativen zu Aal

Sie wollten eigentlich Aal servieren und suchen jetzt nach einer Alternative? Folgende Fische dürfen Sie laut der aktuellen Liste "Guter Fisch" verzehren: 

  • Weißer Thun (Langflossen Thun) aus dem Nordatlantik und dem mittleren West- und Ostatlantik
  • Keta Lachs aus Alaska und dem Nordostatlantik, gefangen mit Umschlingungsnetzen und Schleppangeln
  • Rotlachs aus Alaska und dem Nordostatlantik, gefangen mit Kiemennetzen ohne Bodenberührung

Zu den bedrohten Fischarten, die nicht in den Einkaufskorb gehören – ganz egal wie und wo sie gefischt wurden, zählen:

  • Aal und Dornhai (beide sind vom Aussterben bedroht)
  • Zackenbarsch
  • Rochen
  • Roter Thunfisch 

Hier finden Sie die komplette Liste mit Fischarten, die Sie laut WWF noch essen dürfen:

Wer Fisch einkauft, sollte nicht nur auf die Fischart und die Herkunft achten, sondern auch die Fangmethode berücksichtigen. Unproblematisch ist laut WWF der Fang mit Fangleinen. Dann darf man sogar den Bonito-Thunfisch verzehren. Von Thunfisch, der mit anderen Fangmethoden gefangen wird, raten die Experten eher ab. Bei Fangmethoden wie Schleppnetzen landen Millionen Tonnen Meereslebewesen pro Jahr unbeabsichtigt in den Netzen (als sogenannter Beifang), zudem wird der Meeresboden zerstört.

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Mit Material von dpa.