Wind- und Wettercreme: Bedenkliche Inhaltsstoffe im Test entdeckt

Spezial: Mein Baby 2022 | Autor: Victoria Pfisterer/Frank Schuster/Lena Wenzel | Kategorie: Kinder und Familie | 07.04.2022

Wind- und Wettercreme: Nicht alle Inhaltsstoffe sind unbedenklich
Foto: Juta/Shutterstock

Noch ist der Winter nicht vorbei. An manchen Tagen sinken die Temperaturen gerade in den frühen Morgenstunden auf den Gefrierpunkt. Das beansprucht die Haut von Babys und Kindern. Wind- und Wettercremes können helfen, Kinderhaut zu schützen. Unser Test zeigt: Viele Produkte sind empfehlenswert. Wir sind aber auch auf Mineralöl gestoßen. 

  • Wind- und Wettercremes enthalten häufig Stoffe, die die Haut feucht halten und strapazierfähiger machen. Damit helfen sie, die Haut von Kindern bei niedrigeren Temperaturen zu schützen. 
  • Mit "sehr gut" schneiden 14 Wind- und Wettercremes im Test ab – darunter sowohl günstige als auch teure Produkte. 
  • Enthalten die Produkte Paraffine, kann es sein, dass sie mit problematischen Mineralölberstandteilen verunreinigt sind. 

Aktualisiert am 07.04.2022 | Bewegung und Sauerstoff tun zu jeder Jahreszeit gut. Die Kälte im späten Winter beansprucht allerdings die Haut von Babys und Kindern, besonders die frei liegenden Stellen an Gesicht und Händen.

Bei niedrigen Temperaturen sondern die Talgdrüsen weniger Hautfett ab, das für den natürlichen Schutzfilm verantwortlich ist. Baby- und Kinderhaut produziert weniger Fett als die von Erwachsenen. Fehlt der Schutzfilm, verdunstet das Wasser schneller von der Hautoberfläche. Die trockene Heizungsluft entzieht zusätzlich Feuchtigkeit.

Die Haut trocknet aus, juckt, spannt und es können kleine Risse entstehen. Der Wechsel zwischen Wärme in Innenräumen und Kälte draußen unterstützt den Prozess noch.

Wind- und Wettercreme: Was ist das eigentlich?

Wind- und Wettercremes, auch Kälteschutzcremes oder Wetterschutzcremes genannt, können der Haut bei niedrigen Temperaturen mit pflegenden und hautschützenden Komponenten helfen. Sie beinhalten oft mehrere Zutaten, die die Haut feucht halten, strapazierfähiger machen und sie schützen sollen.

Wind- und Wettercremes sind dafür gedacht, die zarte Haut von Babys und Kindern, insbesondere Gesicht und Hände, im Herbst und Winter zu pflegen und vor Kälte zu schützen.
Wind- und Wettercremes sind dafür gedacht, die zarte Haut von Babys und Kindern, insbesondere Gesicht und Hände, im Herbst und Winter zu pflegen und vor Kälte zu schützen. (Foto: Rodica Vasiliev/Shutterstock)

Die meisten Cremes nutzen für eine Rückfettung pflanzliche Öle, die einen Film auf die Haut legen. Sehr häufig sind es Sonnenblumen- und Mandelöl, seltener Sesam-, Avocado-, Kokos- und Rizinusöl. Oft kommen die Öle auch in Kombination vor.

Manchmal kommen auch Sheabutter, Bienen- oder Wollwachs zum Einsatz. Als entzündungshemmende Zutaten gelten Extrakte von Kamille und Ringelblume (Calendula), ebenso Zinkoxid, Panthenol (eine Abwandlung des B-Vitamins Pantothensäure) und Tocopherol (Vitamin E).

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Wind- und Wettercremes von Bübchen, Weleda & Co. im Vergleich

Wir haben 20 Wind- und Wettercremes für Babys und Kinder in Labore geschickt und auf problematische Inhaltsstoffe untersuchen lassen. Ergebnis: Wir können 14 Cremes mit "sehr gut" empfehlen. Allerdings gibt es auch Produkte, die negativ auffallen. 

So ist das von uns beauftragte Labor auf aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) gestoßen. Darunter können krebserregende Verbindungen sein. Doch wie kommen MOAH in die Wind- und Wettercremes? 

Kritik an Inhaltsstoffen von Wind- und Wettercremes

Beide betroffenen Produkte enthalten Paraffine. Das sind Fette auf Mineralölbasis, die mit MOAH verunreinigt sein können. Paraffine kritisieren wir außerdem, weil sie sich nicht so gut ins natürliche Gleichgewicht der Haut integrieren wie ein natürliches Öl. Übrigens: Sie sind in einer Cremerezeptur gar nicht nötig, es geht auch ohne.

Mit Butylhydroxytoluol (BHT) begegnete uns im Test noch ein weiterer problematischer Inhaltsstoff. BHT kommt in Kosmetika als Antioxidationsmittel zum Einsatz. Die Substanz steht jedoch unter Verdacht, wie ein Hormon zu wirken.

Nanopartikel müssen benannt werden 

Für Punktabzug hat auch ein Formfehler gesorgt. Zwei Wind- und Wettercremes im Test enthalten Zinkoxid: Es ist auch auf beiden Verpackungen deklariert, jedoch fehlt der Zusatz "nano" in Klammern dahinter. Laut EU-Kosmetikverordnung muss "nano" deklariert werden, wenn mehr als die Hälfte der winzigen Partikel in der Größe zwischen 1 und 100 Nanometern liegen.

Das ist in beiden Produkten der Fall, wie ein Labor für uns analysierte. Besonders widersprüchlich: Ein Anbieter lobt seine Creme sogar als "nanofrei" aus. Grund für die Deklarationspflicht ist, dass die Risiken von Nanomaterialien noch nicht abschließend geklärt sind. 

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Tipps für den Kauf von Wind- und Wettercremes

  • Wind- und Wettercremes mit Paraffinen lassen Sie am besten im Ladenregal stehen. 
  • Nur vier Cremes in unserem Test sind parfümfrei. Hat Ihr Kind besonders emfpindliche Haut, sollten Sie besser ein Produkt wählen, das keine Duftstoffe enthält. 
  • Wind- und Wettercremes ersetzen keine Sonnencreme. Wer im Winter in den Bergen unterwegs ist, braucht ein ausgewiesenes Sonnenschutzmittel.

Diesen Test haben wir zuletzt im Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Mein Baby 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 20 Wind- und Wettercremes in Apotheken, Drogerien, Discountern, Supermärkten und in Bio-Märkten eingekauft. Sechs davon sind als Naturkosmetika zertifiziert. Die Cremes sind dafür gedacht, die zarte Haut von Babys und Kindern, insbesondere Gesicht und Hände, im Herbst und Winter zu pflegen und vor Kälte zu schützen. Die Preise in unserem Test reichen von rund 60 Cent bis 30 Euro für 50 Milliliter.

Verschiedene Labore untersuchten für uns die Produkte – je nach Zusammensetzung – auf problematische Duftstoffe, bedenkliche Formaldehyd/-abspalter und umstrittene halogenorganische Verbindungen. Cremes mit Paraffinen haben wir zusätzlich auf gesättigte und aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH und MOAH) prüfen lassen. In Cremes mit Zinkoxid ließen wir die Größe der Partikel und den Anteil an Nanopartikeln bestimmen.

Unter die Weiteren Mängel fallen vor allem Verpackungsparameter: Enthalten die Verpackungen umweltschädliche chlorierte Verbindungen? Verwenden die Hersteller recyceltes Plastik? Stecken die Plastiktuben in einem zusätzlichen Umkarton? Für das Gesamturteil sind die Inhaltsstoffe maßgeblich. Summieren sich die Weiteren Mängel, ziehen wir weitere Noten ab.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: MOAH. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) BHT; b) mehr als 1 Prozent Paraffine.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) fehlende Angabe "nano" bei Zinkoxid in der Liste der Inhaltsstoffe gemäß EU-Kosmetik-Verordnung 1223/2009 und der Empfehlung 2011/696 der EU-Kommission zur Definition von Nanomaterial, wenn das in den Produkten enthaltene Zinkoxid zu mehr als 50 Prozent nanoförmig vorliegt; b) Umkarton, der kein Glas schützt; c) ein Anteil von Post-Consumer-Rezyklatt (PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung oder keine Angabe oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die von den Herstellern versprochenen Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.  

Testmethoden 

Je nach Zusammensetzung der Produkte:
Diethylphthalat (DEP)/deklarationspflichtige Duftstoffe/polyzyklische und Nitromoschusverbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS.
Formaldehyd/-abspalter (wenn Wasser deklariert): saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol, Fotometrie.
Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion, Zentrifugation und Membranfiltration, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, micro¬coulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Konservierungsstoffe (u. a. Parabene): LC-UV.
Nanomaterial: Single-Particle-ICP/MS. Ermittlung der mittleren Partikelgröße als Median nach Anwendung der Gauß'schen Verteilung und des Anteils der Partikel bis 100 nm, Probenvorbereitung: Herstellung einer Dispersion mittels Ultraschallsonode.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Tesprodukte: Juli 2021 

Diesen Test haben wir zuletzt im Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Spezial Mein Baby 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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