Feinstaub an Silvester: Warum die winzigen Partikel schädlich sind

Magazin Dezember 2019: Faires Fest | Autor: Annette Dohrmann | Kategorie: Freizeit und Technik | 29.12.2019

Feinstaub an Silvester: 137 Millionen Euro haben die Menschen in Deutschland zum Jahreswechsel 2018/19 für Raketen, Böller & Co. ausgegeben.
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Um das jährliche Silvesterfeuerwerk gibt es ordentlich Krach. Befürworter pochen auf Jahrhunderte der Tradition. Gegner kritisieren das Böllern als Gefahr für Umwelt und Gesundheit. Wie hoch die Feinstaubbelastung wirklich ist. 

Wenn an Silvester massenhaft Feuerwerkskörper abgebrannt werden, steigt die Belastung der Luft mit Schadstoffen explosionsartig an. Am ersten Tag eines neuen Jahres liegt nach Angaben des Umweltbundesamtes so viel gesundheitsgefährdender Feinstaub in der Luft wie sonst im ganzen Jahr nicht.

Spitzenwerte von 1.000 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter (μg/m³) sind in Großstädten dann keine Seltenheit. Zum Vergleich: Im Mittel liegen die Konzentrationen an städtischen Messstationen in Deutschland bei 17 μg/m³. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt einen Grenzwert von 20 μg/m³, die EU erlaubt immerhin bis zu 40 μg/m³.

Feinstaub an Silvester: Öffentliche Feuerwerke gefordert  

Aufgrund der Feinstaubbelastung tobt ein Streit um das Silvesterfeuerwerk. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kämpft für ein Verbot der "archaischen Schwarzpulver-Böllerei" und fordert, Feuerwerksaktivitäten aus den ohnehin durch Feinstaub belasteten Innenstädten zu verbannen. Stattdessen plädiert die DUH in ihrer Onlinepetition "Silvester 2.0" für öffentliche Feuerwerke oder professionelle Pyroshows außerhalb sensibler Zonen.

Sie hat 98 besonders mit Feinstaub belastete Kommunen aufgefordert, private Feuerwerksböllereien an Silvester in den stark belasteten Innenstädten zu untersagen. Als Spaßverderber sieht sich die DUH dennoch nicht: "Wir wünschen uns weiterhin freudige Feste zum Jahreswechsel – aber ohne verpestete Luft, brennende Häuser, verletzte Menschen und verängstigte Tiere", betont DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Silvesterfeuerwerk: Was ist Feinstaub? 

Feuerwerksqualm besteht zu großen Teilen aus Feinstaub. Die winzigen Partikel gelten als gesundheitsschädlich. Zum einen, weil sich gefährdende Stoffe wie Schwermetalle oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) anlagern können. Zum anderen wirken sich die Partikel selbst negativ auf die Gesundheit aus.

Beim Einatmen können sie in Nasenhöhle und Luftröhre gelangen, ultrafeine Teilchen sogar bis ins Lungengewebe oder in den Blutkreislauf. Die Wirkungen reichen – je nach Größe und Eindringtiefe – von Atembeschwerden und Schleimhautreizungen über lokale Entzündungen bis hin zu erhöhter Thromboseneigung und Störungen der Herzfrequenz.

Über die Wirkung kurzfristig stark erhöhter Feinstaubbelastungen ist zwar, im Gegensatz zu langfristig erhöhten Konzentrationen, weniger bekannt. Dennoch raten Experten dazu, Feinstaubemissionen vorsorglich zu reduzieren oder gar zu meiden – zumal es keinen Schwellenwert gibt, unterhalb dessen es Entwarnung für die Gesundheit gibt.

Aufgrund der Feinstaubbelastung kritisiert die Deutsche Umwelthilfe das jährliche Feuerwerk zu Silvester.
Aufgrund der Feinstaubbelastung kritisiert die Deutsche Umwelthilfe das jährliche Feuerwerk zu Silvester. (Foto: Pexels/Pixabay )

Feinstaub: Silvester in Zahlen

  • 137 Millionen Euro sind in Deutschland zum Jahreswechsel 2018/19 für Raketen, Böller & Co. in die Luft gejagt worden. Das entspricht knapp 42.000 Tonnen an Feuerwerkskörpern. 
  • 4.200 Tonnen Feinstaub werde pro Silvesternacht freigesetzt, ergeben Berechnungen des Umweltbundesamtes. 
  • 10 Tonnen Feinstaub sind es nach Ansicht des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPI).
  • 60 bis 75 Prozent des Feuerwerkskörpers besteht aus Hülle, Konstruktionsteilen und Verpackung.
  • 25 bis 40 Prozent aus pyrotechnischen Effektsätzen. Die wiederum bestehen zum großen Teil aus Schwarzpulver, einer Mischung aus Kaliumnitrat, Holzkohle und Schwefel. Verbindungen aus Schwermetallen wie Strontium, Kupfer und Barium färben die Raken rot, blau oder grün.  

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Geht Silvesterfeuerwerk ökologisch? 

Öko im Sinne von "schadstofffrei" geht Silvester wohl nicht. Aber offenbar ist die Pyrotechnikbranche auf der Suche nach umweltfreundlicheren Alternativen. Die betreffen jedoch hauptsächlich die Reduktion von Kunststoffen und die Verwendung von Altpapier.

Nach Angaben des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI) ist es das Ziel, Feuerwerkskörper künftig vollständig kompostieren zu können. Die VPI-Mitglieder würden darüber hinaus – mit Blick auf die Tierwelt – zunehmend lautstärkearmes Feuerwerk anbieten.

Änderungen an der Feinstaubproblematik sind aber offenbar in nächster Zeit nicht zu erwarten. Man forsche zwar an alternativen Effekten, die so zusammengesetzt sind, dass weniger Feinstaub freigesetzt wird. Aber dieser Prozess brauche Zeit, so VPI-Geschäftsführer Klaus Gotzen. Immerhin müsse eine seit Jahrhunderten bewährte Technik und Zusammensetzung chemischer Substanzen verändert werden.

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