110 Haftpflichtversicherungen für Hundehalter im Test

Wenn Bello Ernst macht

ÖKO-TEST September 2016 | | Kategorie: Geld und Recht | 25.08.2016

110 Haftpflichtversicherungen für Hundehalter im Test

Hundebesitzer müssen für Schäden durch ihre Vierbeiner aufkommen. Das kann teuer werden. Davor schützt eine Haftpflicht für Hundebesitzer. Die gibt es mit Topleistungen für wenig Geld.

Über zwei Millionen Hunde in Deutschland sind nicht versichert. Das geht aus einer Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Hundebesitzer ohne Schutz müssen Schäden in vollem Umfang aus der eigener Tasche zahlen. Dabei geht es oft um höhere Summen. So hat das Landgericht Bonn einer Frau, die von einem Schäferhund angefallen wurde und eine schwere Gesichtsverletzung davontrug, 23.000 Euro Entschädigung zugesprochen (Az. LG Bonn 10 O 41/14). Wer nach einer Hundeattacke zum Invaliden wird und nicht mehr arbeiten kann, hat sogar Anspruch auf eine Millionenentschädigung. Vielfach leiden Opfer von Hundeattacken zudem psychisch. So verlor die Bonnerin ihren Lebenswillen und ein Mann aus thüringischen Gera traute sich nach einem Hundebiss nicht mehr nach draußen. Das Amtsgericht erhöhte deshalb das Schmerzensgeld (AG Gera: Az. 5C 1177/01). Laut GDV verursachen versicherte Hunde rund 100.000 Schäden pro Jahr. Damit wären hochgerechnet mehr als 40.000 Schäden unversichert. Haben die Hundebesitzer kein Geld, gehen die Opfer leer aus.

ÖKO-TEST hat Tarife, die eine sogenannte Forderungsausfalldeckung enthalten, besser bewertet. Denn die leisten, wenn ein Hundebesitzer von einem fremden Hund angegriffen wird und der Tierhalter nicht versichert ist. Zudem bieten viele Versicherungen sogar Schutz, wenn der Schädiger vorsätzlich gehandelt hat, also der Fremde seinen Hund auf den Versicherten gehetzt hat. "In der normalen Haftpflichtversicherung sind vorsätzliche Schäden immer ausgeschlossen", stellt der Versicherungsberater Georg Pitzl aus Bobingen bei Augsburg fest. Geld gibt es aus der Forderungsausfallpolice aber nur, wenn der Geschädigte gerichtlich nachweist, dass der Schädiger mittellos ist.

Nach Meinung der Versicherer Rhion und Interrisik ist die Forderungsausfalldeckung in der Tierhalter-Police aber nicht sinnvoll, weil das zu einem Doppelschutz führe. Denn in hochwertigen allgemeinen Haftpflichtverträgen sei dieser Schutz schon enthalten. Dabei übersehen die Anbieter aber, dass rund ein Drittel aller Haushalte keinen privaten Haftpflichtversicherungsschutz besitzt und der erwähnte Forderungsausfallschutz nicht in allen Verträgen enthalten ist. Sicher ist daher sicher, auch wenn in einigen Fällen eine doppelte Absicherung entsteht. Angesichts der sehr günstigen Beiträge ist das nach unserer Einschätzung verschmerzbar.

Höher als in der Vergangenheit haben wir die Messlatte aktuell hinsichtlich der Mindestversicherungssumme gelegt. In den Test wurden nur noch Angebote aufgenommen, die mindestens eine Versicherungssumme von zehn Millionen Euro bieten. Insgesamt haben wir 110 Tarife von 43 Anbietern untersucht.

Das Testergebnis

Viele sind spitze: Mit 55 Angeboten erreichten genau die Hälfte aller untersuchten Tarife Rang 1. Dabei verfehlen die Angebote der Versicherer Adcuri, ARAG, Gegenseitigkeit und Janitos sowie der Maklerkonzeptanbieter Degen...

Testverfahren

Testmethode: Tarife mit dem gleichen Leistungsrang sind nach Gesamtpunktzahl Leistungen und nach Preis für einen Hund aufgeführt. Für die Ermittlung des Leistungsranges wurde die Differenz zwischen höchstmöglicher und niedrigster erreichter Gesamtpunktzahl in drei gleichgroße Klassen geteilt. Die Mitversicherung von Tierhütern wurde mit bis zu 5 Punkten bewertet. Die Auslandsdeckung Europa und weltweit wurde jeweils mit 2 Punkten bewertet, wenn sie unbegrenzt gilt. Ab einer Frist von einem Jahr gab es einen Punkt. Liegt der Umfang der Forderungsfalldeckung bei mindestens 95 Prozent der von uns geforderten Mindestdeckungssumme von 10 Millionen Euro, wurden 3 Punkte vergeben; sind auch Vorsatztaten mitversichert wurden weitere 2 Punkte vergeben; bei einer Einschränkung hinsichtlich Vermögensschäden nur noch ein Punkt. Für die Absicherung von Mietsachschäden wurde ab einem Schutz von 300.000 Euro zwei Punkte vergeben und über 100.000 Euro ein Punkt. Die Mitversicherung von ungewollten oder gewollten Deckakten wurde jeweils mit einem Punkt bewertet. Bei Vermögensschäden gab es ab einem Schutz von einer Million Euro drei Punkte; ab 300.000 Euro zwei Punkte und ab 50.000 Euro einen Punkt. Für die Mitversicherung von Halterpflichten wurden 5 Punkte vergeben. Bei einer Einschränkung auf die Beachtung der Einhaltung von behördlichen Vorschriften und Genehmigungen sowie bei Vermögensschäden wurden noch drei Punkte vergeben. Sind Welpen mindestens 12 Monate mitversichert, wurde ein Punkt vergeben. Die Mitversicherung von Turnierteilnahmen wurde mit einem Punkt bewertet. Als Einschränkung ohne Punkte wurde der Ausschluss von Ansprüchen anderer Turnierteilnehmer eingestuft. Anforderungen an die Tarife: Als Basisprämie wurde der jährlich Bruttobeitrag bei jährlicher Zahlung ohne besondere Rabatte für einen Einjahresvertrag erhoben. Untersucht wurden selbstständige Tierhalter-Haftpflichtversicherungen, die keinen Hauptvertrag zur privaten Haftpflicht voraussetzen, einen Versicherungsschutz von mindestens zehn Millionen Euro bieten und bis zu dieser Höhe für Tierhüter sowie bei Verstoß gegen Halterpflichten leisten. Als Versicherungsbeginn wurde der 1. Oktober 2016 festgelegt; der Versicherungsnehmer ist am 1.1.1986 geboren. Die Police gilt für einen Schäferhund. Es gibt keine Vorversicherung. Berücksichtigt wurden Tarife bis zu einer allgemeinen Selbstbeteiligung von 500 Euro. Die Daten wurden aus der Datenbank des Analysehauses Innosystems Inning am Ammersee (www.innosystems.de) Ende Juni 2016 erhoben und den Unternehmen zu einer Plausibilitätsprüfung bis Anfang Juli 2016 zurückgespielt. Das Ranking und die abschließende Bewertung wurden von ÖKO-TEST vorgenommen.