Mehl im Test: Es gibt Probleme mit Schimmelpilzgiften und Mineralöl

Magazin September 2020: Mehl | Autor: Hanh Nguyen/Jürgen Steinert | Kategorie: Essen und Trinken | 27.08.2020

Mehl im Test: Welches Weizenmehl und welches Dinkelmehl ist empfehlenswert?
Foto: ÖKO-TEST

Weizenmehl und Dinkelmehl eignet sich prima zum Backen von Brot und Kuchen. Doch sind Mehle auch frei von Schadstoffen? Unser Test zeigt: Es gibt teils Probleme mit Schimmelpilzgiften, Mineralöl und Pestiziden. Etwa jedes zweite getestete Mehl ist aber "sehr gut". 

  • Etwas mehr als die Hälfte der Mehle im Test können wir mit "sehr gut" empfehlen. 
  • Mit "mangelhaft" oder "ungenügend" fallen drei Mehle im Test durch. 
  • Kritik gibt es vor allem für Schimmelpilzgifte, Mineralöl, bedenkliche Pestizide und den Wachstumsregulator Chlormequat.

Von heute auf morgen waren die Regale leer: Mehl, Hefe, Seife und Klopapier – ausverkauft. Der Corona-Lockdown hat einigen Menschen Angst gemacht, sie wollten vorbereitet sein auf ein Leben in den eigenen vier Wänden.

Mehl-Test: Weizenmehl und Dinkelmehl im Vergleich

Mehl ist ein Grundnahrungsmittel. Aus Mehl wird Brot – oder auch leckeres Gebäck. Im Großtest hat ÖKO-TEST 50 Mehle in Labore geschickt, darunter 28 Weizenmehle und 22 Dinkelmehle unterschiedlicher Ausmahlung. Genau gesagt: Weizenmehle der Typen 405, 550, 1050 und Vollkorn sowie Dinkelmehle der Typen 630, 1050 und Vollkorn.

Zur Erklärung: Die Typenbezeichnung spiegelt den Mineralstoffgehalt eines Mehls wider. Folgende Spielräume lässt die DIN für Mahlerzeugnisse aus Getreide zu: 

  • Ein 405er-Weizenmehl darf maximal 0,50 g Mineralstoffe pro 100 g enthalten. 
  • In 1050er-Weizen- oder Dinkelmehl dagegen darf zwischen 0,91 und 1,20 g Mineralstoffe pro 100 g stecken.
  • Vollkornmehle kommen auf bis zu rund 2 g Mineralstoffe pro 100 g.
Mehl im Test: Wir haben 28 Weizenmehle und 22 Dinkelmehle überprüft.
Mehl im Test: Wir haben 28 Weizenmehle und 22 Dinkelmehle überprüft. (Foto: sandoclr/getty images)

Etwa jedes zweite Mehl im Test "sehr gut" 

Die Typenbezeichnung ist bei allen 50 Mehlen korrekt. Das haben wir überprüft. Erfreulich ist außerdem, dass wir etwa die Hälfte der Mehle im Test mit Bestnote empfehlen können. Ein paar weitere sind immerhin "gut", 20 Prozent aber schneiden nur mittemäßig ab und von drei Mehlen raten wir ab. Sie fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch.

Zu den Testsiegern gehören sowohl Weizenmehle als auch Dinkelmehle. Tendenziell schneiden die niedrig ausgemahlenen Mehle besser ab als die 1050er-Mehle, diese wiederum besser als die Vollkornmehle.

Schimmelpilzgifte in einigen Mehlen 

Neben den guten Nachrichten gibt es aber auch ein paar Probleme, auf die unser Test aufmerksam macht. In mehr als der Hälfte der getesteten Mehle fand das Labor Schimmelpilzgifte, besonders häufig in den Vollkornmehlen. Dabei handelt es sich um die vor allem von Fusarien gebildeten HT-2- und T2-Toxine sowie um Deoxynivalenol (DON). Sie wirken zellgiftig und schwächen das Immunsystem. DON kann in hohen Dosen Erbrechen und Durchfall verursachen. Solch hohe Gehalte werden aber in den untersuchten Mehlen nicht erreicht.

Fusariengifte entstehen bereits vor der Ernte. Regen und hohe Temperaturen während der Weizenblüte begünstigen den Befall. Je nach Witterung gelten sie als praktisch unvermeidbar. Das krebserregende Mykotoxin OTA, das während der Lagerung des Getreides entstehen kann, war in keinem Mehl nachweisbar.

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Drei Mehle sind mit Mineralöl belastet 

Die Belastung mit Mineralöl ist geringer. So waren in zwei Drittel der Proben allenfalls Spuren nachweisbar. Drei Mehle aber kritisieren wir, weil sie aus unserer Sicht "stark erhöhte" Mengen an Mineralölbestandteilen (MOSH/ MOSH-Analoge) enthalten.

Ins Mehl könnten die Rückstände aus der Verpackung übergegangen sein. Dass die 1050er- und Vollkornmehle relativ gesehen häufiger belastet sind als die 405er-, 550er- und 630er-Mehle, spricht für eine Verunreinigung der Randschichten des Korns, möglicherweise durch die maschinelle Verarbeitung bei Ernte oder Transport.

Verglichen mit unserem letzten Mehl-Test im Jahr 2015 hat das beauftragte Labor häufiger Spuren von Mineralöl nachgewiesen. Vermutlich, weil die Analytik seither besser geworden ist.

(Foto: ÖKO-TEST)

Weitere umstrittene Inhaltsstoffe gefunden 

Weizenmehl und Dinkelmehl im Test: Was fällt ansonsten auf?

  • Erfreulich: In keinem der getesteten Mehle steckt der Unkrautvernichter Glyphosat.
  • Vergleichsweise häufig, wenn auch immer nur in Spuren, wies das von uns beauftragte Labor hingegen den Wachstumsregulator Chlormequat nach. Dieser wirkt halmverkürzend, sodass das Getreide bei Regen und Wind nicht so leicht knickt und sich dann nur schlecht ernten lässt. Chlormequat störte in Tierversuchen die Reizübertragung des Nervensystems. Für endgültige toxikologische Aussagen ist die bisherige Datenlage aber noch nicht ausreichend.
  • Das Labor hat auch besonders bedenkliche Pestizide gefunden: je einmal die bienengiftigen Verbindungen Cypermethrin, Deltamethrin und Pirimiphos-methyl.

Besonderheiten von Weizenmehl und Dinkelmehl

  • 1050er- und Vollkornmehle eignen sich gut zum herzhaften Backen. Sie liefern mehr Ballast- und Mineralstoffe als helle Mehle. Leider sind sie im Schnitt auch stärker belastet.
  • Dinkelmehl hat ein etwas feineres, nussiges Aroma als Weizenmehl und enthält geringfügig mehr Zink, Magnesium und Eisen.
  • Mehl sollten Sie nur nach Bedarf einkaufen, keine Vorräte anlegen. Am besten lässt sich Mehl in der Papiertüte aufbewahren.

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      Testverfahren

      Wir haben 50 Mehle in unterschiedlichen Ausmahlgraden eingekauft: Weizenmehle der Typen 405, 550, 1050 und Vollkorn, Dinkelmehle der Typen 630, 1050 und Vollkorn. 31 Mehle hatten Bio-Qualität. Die Preise für 1 kg reichten von 37 Cent bis zu 4,59 Euro.

      Von der Überprüfung der Mehltype bis zum Nachweis von Pestiziden wie Glyphosat und Wachstumsregulatoren wie Chlormequat hatten die von uns beauftragten Labore allerhand zu tun: Stecken Schimmelpilzgifte im Mehl? Wie steht es um bedenkliche Mineralölbestandteile und giftiges Cadmium? Enthalten die Dinkelmehle Tropanalkaloide, pflanzliche Giftstoffe, die aus einer Verunreinigung mit Wildpflanzensamen herrühren? Und was wird auf den Verpackungen ausgelobt?

      Ein "sehr gutes" Mehl ist frei von Verunreinigungen und korrekt deklariert. Durch bedenkliche Inhaltsstoffe und gegebenenfalls weitere Mängel geht es abwärts auf der Notenskala.

      Bewertungslegende 

      Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein Gehalt von DON und/ oder T2-/HT-2-Toxinen pro 250-g-Tagesportion Brot, der die von der EFSA festgelegten tolerierbaren täglichen Aufnahmemengen (TDI; für DON 1,0 μg/kg KG/d, für die Summe aus T2- und HT-2-Toxin 0,02 μg/kg KG/d) überschreitet (in Tabelle "stark erhöht"). Für die Berechnung sind wir von einer Person mit 60 kg Körpergewicht (KG) und von Brot mit einem Mehlgehalt von etwa 65 Prozent ausgegangen. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen und deren Analoga (MOSH und MOSH-Analoga) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in der Tabelle: "stark erhöht"); b) ein Gehalt von DON und/oder T2-/HT-2-Toxinen pro 250-g-Tagesportion Brot, der die von der EFSA jeweils festgelegten tolerierbaren täglichen Aufnahmemengen (TDI) zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle "erhöht"). Berechnung wie oben. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) 1 bis 2 als besonders bedenklich eingestufte Pestizide in Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Cypermethrin, Deltamethrin, Pirimiphos-methyl); b) ein Gehalt an gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen und deren Analoga (MOSH und MOSH-Analoga) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 1,0 bis 2 mg/kg (in Tabelle: "erhöht").

      Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: mehr als 0,01 mg/kg eines Wachstumsregulators in einem Bio-Produkt. Zur Abwertung um eine Note führt: Die Auslobung "vegan", die zu verstehen gibt, dass sich das Lebensmittel dadurch besonders auszeichnet, obwohl vergleichbare Lebensmittel dieselben Merkmale aufweisen. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

      Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note . Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

      Testmethoden 

      Pestizidscreening mittels GC-MS nach § 64 LFGB L 00.00-34 : 2010-09, modifiziert und 2D LC-MS/MS.
      Chlormequat und Mepiquat mittels LC-MS/MS.
      Glyphosat, Glufosinat, AMPA in Lebensmitteln mittels LC-MS/MS.
      MOSH/MOSH-Analoge/MOAH nach DIN EN 16995 : 2017, modifiziert. Die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix.
      Mykotoxinspektrum: Die Analyten werden extrahiert und durch dispersive Festphasenextraktion aufgereinigt. Der Extrakt wird eingeengt und in einem Puffer-Gemisch aufgenommen. Die Bestimmung von Nivalenol, Deoxynivalenol, Fusarenon X, 3- und 15-Acetyl-Deoxynivalenol, Fumonisine B1 und B2, Zearalenon, Diacetoxyscirpenol, HT-2, T-2-Toxin und Ochratoxin A erfolgt mittels LC-MS/MS.
      Tropanalkaloide: Das Untersuchungsmaterial wird nach Zugabe isotopenmarkierter Standards mit verdünnter Schwefelsäure mehrfach extrahiert. Nach Aufreinigung mittels Kationentauscher-SPE erfolgt die Bestimmung mittels LC-MS/MS.
      Cadmium: Aufschluss nach DIN EN 13805 : 2014. Cadmiumbestimmung nach DIN EN 15763 : 2010.
      Trockenmasse/Wasser: in Anlehnung an ASU L 17.00-1 : 1982. Die Probe wird bei einer Temperatur von 103 °C (±2 °C) bis zur Massenkonstanz getrocknet und der Rückstand durch Differenzwägung ermittelt. Der Wassergehalt wird aus dem ermittelten Masseverlust berechnet.
      Asche: in Anlehnung an ASU L 18.00-4 :1984. Die homogenisierte Probe wird vorverascht und im Muffelofen bei 550 °C verascht. Der Rückstand wird gravimetrisch durch Differenzwägung bestimmt und daraus die Asche berechnet.

      Einkauf der Testprodukte: Juni 2020 

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