Apfelmus & Apfelmark im Test: Pestizide im Labor entdeckt

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2023 | Autor: Johanna Michl/Meike Rix/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 13.10.2022

Apfelmus schnitt im Durchschnitt schlechter ab als Apfelmark im Test.
Foto: ÖKO-TEST

Apfelmus oder Apfelmark, was ist die bessere Wahl? Im Test haben wir 26 Produkte überprüft. Dass es Apfelmus jetzt auch ohne Zuckerzusatz gibt, fällt positiv auf. Dass das von uns beauftragte Labor mehrfach auf Pestizide stößt, dagegen eher negativ.

  • Insgesamt 26 Produkte haben wir getestet, davon 15 Mal Apfelmus und elf Mal Apfelmark. 
  • Während Apfelmark nur den natürlichen Zucker aus den Äpfeln enthält, ist Apfelmus häufig gesüßt. Wenn Hersteller es ohne Zuckerzusatz anbieten, schreiben sie das in der Regel gut sichtbar vorne aufs Etikett.
  • Im Test kritisieren wir vor allem enthaltene Pestizidrückstände. Darunter ein Spritzgift, das im europäischen Obstbau eigentlich verboten ist. 

Aktualisiert am 13.10.2022 | Ob Apfelmus oder Apfelmark: Apfelbrei kann viel. Kartoffelpuffer und Pfannkuchen zu einem kompletten Gericht abrunden, Joghurts und Müslis aufpeppen, kräftigen Apfelgeschmack in Kuchen und Desserts bringen. Allergiker, die keine frischen Äpfel vertragen, können den pasteurisierten Brei meist problemlos essen – und beim veganen Backen kann er sogar als feuchtigkeitsspendender Ei-Ersatz funktionieren. Das ist Ihnen vermutlich alles bewusst.

Neue Leitsätze für Apfelmus 

Doch wussten Sie auch, dass Apfelmus bis zuletzt nur "Apfelmus" heißen durfte, wenn der Hersteller genug Zucker ins Glas gepackt hat? Laut der offiziellen Vorgaben in den Leitsätzen für Obsterzeugnisse musste die Zuckerkonzentration in "Apfelmus" mindestens 16,5 Prozent betragen.

Wer ein gesünderes Mus anbieten wollte, in dem die Süße nur aus dem deutlich niedrigeren natürlichem Zuckeranteil der Früchte stammt, musste notgedrungen auf den unbekannteren Namen "Apfelmark" ausweichen. Mit der Neufassung der Leitsätze von Anfang April ist die altbackene Vorgabe aber zum Glück vom Tisch.  

Apfelmus und Apfelmark im Test: Wie schlagen sich die Produkte?
Apfelmus und Apfelmark im Test: Wie schlagen sich die Produkte? (Foto: Ildi Papp/Shutterstock)

Über Umwege zum ungezuckerten Apfelmus 

Weiterhin ärgerlich: Die Leitsätze definieren Apfelmus immer noch als "gesüßt". Es gibt aber einen Umweg für Hersteller, die dennoch ein ungezuckertes Apfelmus anbieten wollen. Sie müssten die Abweichung von den Beschreibungen in den Leitsätzen "hinreichend und rechtskonform kenntlich machen", erklärte uns eine Sprecherin des Ernährungsministeriums.

Was genau "hinreichend und rechtskonform" ist, kann auch das Ministerium noch nicht sagen. "Die Auslegung der Vorschriften obliegt letztlich den Gerichten." Zuckerfreies Apfelmus vor Gericht? Wir hoffen, dass es nie dazu kommen wird und stellen uns schon einmal vorsorglich auf die Seite derer, die Apfelmus ohne Zuckerzusatz anbieten.

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Zuckergehalte sind teilweise immer noch hoch

In unserem aktuellen Test kommen zwar viele Produkte, die "Apfelmus" heißen, immer noch mit einem – wie wir finden – unnötigem Zuckerzusatz daher, aber nicht mehr alle. Es sind fünf von 15 Produkten mit Namen "Apfelmus" dabei, die keinen Zuckerzusatz enthalten. Sie machen das aus unserer Sicht auf den ersten Blick deutlich kenntlich – etwa durch "0 % Zuckerzusatz" im Produktnamen.

Zehn Hersteller setzen dem Apfelmus noch Zucker zu. In den Nährwerttabellen auf den Verpackungen finden sich zwar mittlerweile auch Zuckerwerte unter der abgeschafften Marke aus den alten Leitsätzen von 16,5 Prozent.

Es tauchen aber immer noch hohe Werte von 16 bis 18 Gramm Zucker pro 100 Gramm Apfelmus auf. Wir ziehen für alle Zuckerzusätze eine Note ab. Ein Apfelbrei ist ohne Zucker schon süß, weniger Zucker ist gesünder.

Apfelmus im Test: Verbotenes Spritzgift entdeckt

Kommen wir zu Inhaltsstoffen, die für Verbraucherinnen und Verbraucher anhand der Deklaration nicht erkennbar sind. Zwei Mal hat das beauftragte Labor den Wachstumsregulator Mepiquat nachgewiesen.

Das Spritzgift ist im europäischen Obstbau verboten, tauchte allerdings auch in mehreren der jetzt getesteten Apfelsäfte auf. Mepiquat wirkt sich laut Europäischer Chemikalienagentur ECHA langfristig schädlich auf Wasserorganismen aus. Die betroffenen Produkte fallen durch, denn sie überschreiten den in der EU geltenden Mepiquat-Grenzwert für Äpfel.

Beide Testkandidaten enthalten außerdem Spuren des Insektizids Acetamiprid. Weil Acetamiprid Blüten bestäubenden Insekten schadet, hat Frankreich das Mittel bereits 2018 verboten.

Einige Apfelbreie enthalten problematische Pestizide 

Ein Mal fand das Labor Spuren des Pestizids Pirimicarb, das laut EU-Chemikalienrecht in Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Außerdem ist in einem Produkt im Test der Gehalt an Tebuconazol nach unserer Bewertung "erhöht". Das Anti-Pilzmittel ist als vermutlich schädigend für das Kind im Mutterleib eingestuft.

Nach derzeitigem Kenntnisstand sind die Stoffe in der festgestellten Konzentration zwar nicht unmittelbar gesundheitsschädlich. Wir meinen aber: Je weniger problematische Pestizide in der Umwelt und im Körper, desto besser.  

(Foto: ÖKO-TEST )

Potenzielle Wechselwirkungen sind nicht erforscht 

Kritisch sehen wir auch einen Mix von mehreren Pestizidspuren. Auch wenn die Gehalte gering sind und die Stoffe teilweise nicht als besonders bedenklich gelten.

In einem überprüften Produkt stecken insgesamt sechs, in einigen weiteren Apfelmusen jeweils vier unterschiedliche Einzelsubstanzen. Mögliche Wechselwirkungen von mehreren Stoffen im menschlichen Körper und der Umwelt sind noch nicht erforscht.

Sorgfältige Auslese bei der Apfelernte 

Eine gute Nachricht: Das Schimmelpilzgift Patulin war in keinem Produkt nachweisbar. Das spricht für viel Sorgfalt beim Aussortieren fauler Früchte vorm Verarbeiten. Vor wenigen Jahren musste noch Apfelsaft wegen hoher Gehalte aus dem Handel zurückgerufen werden.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Für den Test haben wir 15 Mal Apfelmus und elf Mal Apfelmark eingekauft. Alle Apfelmark-Produkte sowie zwei in der Tabelle "Apfelmus" stammen aus kontrolliert biologischem Anbau. Apfelmark ist zuckerfrei, für Apfelmus waren bist vor kurzem stolze 16,5 Prozent Zuckergehalt Vorschrift. Jetzt gibt es aber auch Produkte, die Apfelmus heißen und ohne Zuckerzusatz auskommen. Diese haben wir bevorzugt eingekauft.

Im Labor durchliefen alle ein umfangreiches Pestizidscreening mit über 500 Wirkstoffen. Wir ließen den Gesamtzuckergehalt prüfen und ob das Verhältnis der verschiedenen Zuckerarten zu den Verpackungsangaben passte. Konservierungsmittel wie Sorbinsäure oder Benzoesäure sind in Apfelmus und Apfelmark nicht erlaubt. Auch diese Stoffe ließen wir analysieren. Um auszuschließen, dass faule Äpfel verarbeitet wurden, untersuchte ein Labor die Produkte außerdem auf das für Äpfel typische Schimmelpilzgift Patulin. Patulin ist als erbgutschädigend eingestuft. Die Verpackungen ließen wir auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen untersuchen, die sich allesamt in der Umwelt anreichern können.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um fünf Noten: ein gemessener Gehalt an Mepiquat der den EU-Rückstandshöchstgehalt von 0,02 mg/kg für Mepiquat in Äpfeln überschreitet (ohne Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors; laut BfR- oder EFSA-Liste nicht verfügbar). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein gemessener Pestizidgehalt, der unter Berücksichtigung eines Verarbeitungsfaktors (sofern laut BfR- oder EFSA-Liste verfügbar; hier: Tebuconazol: 0,45, Summe Captan: 0,61) mehr als 10 bis 50 Prozent der gesetzlichen Rückstandshöchstmenge (hier Tebuconazol, Summe Flonicamid sowie Summe Folpet : jeweils 0,3 mg/kg in Äpfeln; Summe Captan: 10 mg/kg in Äpfeln) ausschöpft (in Tabelle: Pestizid "erhöht") ; b) ein als besonders bedenklich eingestuftes Pestizid in einem gemessenen Gehalt von mehr als 0,010 mg/kg (hier: Acetamiprid, Tebuconazol oder Pirimicarb). Als besonders bedenklich werden Pestizide eingestuft, wenn sie PAN-gelistet sind (in Gruppe 2 oder als bienentoxisch), nach EU-Datenbank oder ECHA kanzerogen oder reproduktionstoxisch sind oder aus Gründen der Toxizität in der EU nicht mehr zugelassen sind; c) ein Mehrfachrückstand von drei bis sechs Pestiziden in gemessenen Gehalten über der Bestimmungsgrenze; d) der Zusatz von Zucker (laut Deklaration).

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung. Steht bei konkret benannten Analysenergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze oder Nachweisgrenze der jeweiligen Testmethode.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden 

Chlormequat / Mepiquat: ASU L 00.00-76: 2008-12
Pestizid-Screening: GC- und LC-MS/MS nach DIN EN 15662: 2018-07
Gesamtzucker (Saccharose, Fructose, Glucose, Maltose): HPAEC-PAD
Benzoesäure, Sorbinsäure: ASU L 00.00-9: 1984-11 mod.
Patulin: LC-MS/MS
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse

Einkauf der Testprodukte: April bis Mai 2022 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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