Puppen im Test: Baby Sweetheart, Lili und Barbie sind Testverlierer

Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 | Autor: Philip Schulze/Heike Baier/Ann-Cathrin Witte | Kategorie: Kinder und Familie | 07.12.2023

Welche der 20 Puppen im Test können wir empfehlen?
Foto: ÖKO-TEST

Ein beliebtes Kinderspielzeug sind Puppen. 20 verschiedene haben wir überprüft. Das Ergebnis: Einige Puppen enthalten umstrittene Schadstoffe. Andere sind nicht so sicher, wie sie unserer Meinung nach sein sollten. Aber: Es gibt auch Modelle, die Sie guten Gewissens unter den Weihnachtsbaum legen können.

  • Wir haben 20 Puppen überprüft, davon zehn reine Stoffpuppen und zehn mit Körpern beziehungsweise einzelnen Körperteilen aus Kunststoff.
  • Das Fazit: Insgesamt acht Puppen sind empfehlenswert.
  • Allerdings vergeben wir auch dreimal die Note "ungenügend". Das betrifft die My first Barbie Malibu, das Baby Sweetheart zum Baden und die Heless Puppe Lili.

Aktualisiert am 7.12.2023 | Eine Puppe ist ein prima Kumpel. Sie leistet Trost und Beistand, und mit ihr können Kinder alles nachspielen, was in ihrem Leben passiert. Das ist gesund für sie, sagen Entwicklungspsychologen: Es schult nicht nur soziale Kompetenzen wie Empathie oder Verantwortungsbewusstsein, es hilft auch, Erlebtes zu verarbeiten.

So weit, so gut! Alles andere als gesund für Mädchen wie für Jungs: umstrittene Chemikalien aus Puppen oder Puppenkleidung oder verschluckbare Kleinteile, die sich lösen und für Kinder zum Erstickungsrisiko werden können. Doch genau darauf sind wir in unserem Test von 20 Puppen bei einigen Modellen gestoßen.

Puppen im Test: Barbie, Baby Sweetheart & Co. im Vergleich 

In unserer Auswahl mit dabei: reine Stoffpuppen schon für Babies, die erste Barbie – laut Anbieter ab 36 Monate – bis hin zu Jungs-Modellen. Auch eine inklusive Puppe "mit Down-Syndrom" befindet sich im Test. So viel vorweg: Im Durchschnitt schneiden die reinen Stoffpuppen besser ab als die Kunststoffmodelle.

Durchgefallene Produkte gibt es aber in beiden Kategorien. Mit "ungenügend" bewerten wir insgesamt drei Puppen: die My First Barbie Malibu, das Baby Sweetheart zum Baden und die Heless Puppe Lili. Kritik gibt es allerdings auch an weiteren Modellen im Test. 

Kinder spielen mit Puppen häufig Szenen aus ihrem eigenen Leben nach.
Kinder spielen mit Puppen häufig Szenen aus ihrem eigenen Leben nach. (Foto: Oksana Kuzmina/Shutterstock )

Giftiges Schwermetall in einigen Puppen entdeckt 

In einer Stoff- und zwei Kunststoffpuppen, darunter der My First Barbie Malibu, kritisieren wir die Gehalte an löslichem Antimon in textilen Bestandteilen. Das Schwermetall Antimon gilt als hochgiftig und ist ein bekanntes Problem aus der Produktion von Polyesterfasern: Dort kommt es als Katalysator zum Einsatz, kann als Antimontrioxid in Textilien zurückbleiben und sich daraus lösen.

Über Hautkontakt oder über mit dem Hausstaub eingeatmete Fasern gelangt es dann möglicherweise in den Organismus. 

Weitere bedenkliche Inhaltsstoffe in Puppen im Test 

Darüber hinaus sind wir im Test auch auf die folgenden unerwünschten Inhaltsstoffe gestoßen:

  • Naphthalin: Der Stoff kann als Nebenprodukt bei der Kunststoffherstellung entstehen und gehört zur Gruppe der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe. Laut Europäischer Chemikalienagentur (ECHA) steht die Verbindung unter Krebsverdacht, in Kinderspielzeug hat sie in unseren Augen nichts verloren. Trotzdem steckt sie im Test in zwei Puppen, darunter der My First Barbie Malibu.
  • PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Um PVC geschmeidig zu machen, kommen Weichmacher zum Einsatz. Zwar sind hormonell wirksame Phthalatweichmacher in Kinderspielzeug seit Jahren verboten, aber auch für die Ersatzweichmacher wie ATBC, DEHT oder DINCH noch nicht alle Zweifel hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Unbedenklichkeit ausgeräumt.
    Wir werten deshalb aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes ab. Zumal die meisten Kunststoffpuppen auch den Ersatzweichmacher TXIB enthalten, der laut bei der ECHA eingereichten Dokumenten im Verdacht steht, das Kind im Mutterleib zu schädigen. Letzterer steckt zum Beispiel in der Puppe Baby Sweetheart zum Baden.
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Farbechtheit könnte teilweise besser sein

Was ist außerdem aufgefallen? Bei vier Stoffpuppen bemängeln wir, dass ihre Kleidung leicht abfärbt. Alle vier Puppen sind von ihrer Anmutung her für die ganz Kleinen geeignet und werden vom Anbieter auch ab null Monaten empfohlen.

Gerade ganz kleine Kinder nehmen alles in den Mund – eine bessere Farbechtheit wäre hier schön. Immerhin: bedenkliche Farbstoffe hat das beauftragte Labor in keiner der Puppen nachgewiesen.

Wir haben 10 Kunststoffpuppen und 10 Stoffpuppen getestet.
Wir haben 10 Kunststoffpuppen und 10 Stoffpuppen getestet. (Foto: Krakenimages.com/Shutterstock )

Wie sicher sind die Puppen? 

Ganz wichtig bei einem Spielzeug ist, dass es kein Sicherheitsrisiko darstellt. In einem umfassenden Praxistest haben spezialisierte Labore deshalb für uns untersucht, ob die Puppen die Sicherheitsanforderungen der Spielzeugnormen EN 71-1 und EN 71-2 zu mechanischen und physikalischen Eigenschaften sowie der Entflammbarkeit erfüllen.

Wichtige Fragen dabei: Lösen sich unter Belastung Kleinteile, die das Kind verschlucken könnte? Öffnen sich bei den Stoffpuppen Nähte, und könnten Kinder dann an die Füllung gelangen und diese herauspulen? Wie schnell breiten sich Flammen beim Anzünden der Puppen aus? Geben Textilien oder Kunststoffteile bei Kontakt mit Speichel und Schweiß Farbstoffe ab?

Auch Puppen-Zubehör kann ein Sicherheitsrisiko sein

In der Laborprüfung zeigte sich: Auch Puppenzubehör kann je nach Qualität zum lebensgefährlichen Risiko werden. Reichlich Zubehör findet sich häufig bei (Baby-)Puppen, die komplett oder teilweise aus Kunststoff bestehen. So war auch beim Baby Sweetheart zum Baden für Kinder ab 24 Monaten ein Schnuller mitgeliefert.

In der Praxisprüfung löste sich bei diesem jedoch der Sauger vom Schnullerring. Der Sauger wiederum ist so klein, dass die Experten ihn als verschluckbares Kleinteil klassifizierten, das auch in die Luftröhre gelangen und im schlimmsten Fall zum Ersticken führen kann.

Fatal, denn dass ein zweijähriges Kind den Puppenschnuller einmal selbst in den Mund nimmt, ist kein abwegiges Szenario. Wir bewerten den Sicherheitsmangel mit dem größtmöglichen Punktabzug und vergeben für die betroffene Puppe die Note "ungenügend". 

Manche Etiketten lösen sich ab

Allerdings sind auch nicht alle reinen Stoffpuppen harmlose Schmusegesellen. Diese weichen Schlenkerpuppen schenken Eltern häufig den ganz Kleinen, denn sie eignen sich besser zum Kuscheln und Einschlafen. Kleine Kinder lutschen aber auch gerne ausgiebig an allen abstehenden Teilen, und deshalb hat das beauftragte Praxislabor unter anderem überprüft, ob eingenähte Pflegeetiketten einer Zugprüfung standhalten.

Bei der Heless Puppe Lili war das nicht der Fall: Sowohl von ihrem Kleid als auch von ihrem Shirt lösten sich die folienartigen Etiketten. Diese sind so klein, dass sie ein Kind verschlucken kann. Auch hier sehen wir ein Erstickungsrisiko.

Dass außerdem der Stoff neben der Rückennaht riss, war hier das kleinere Übel, denn das Füllmaterial blieb unzugänglich. Trotzdem heißt das Gesamturteil auch hier am Ende "ungenügend". 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 12/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 20 Puppen eingekauft, davon zehn reine Stoffpuppen und zehn mit Körpern beziehungsweise einzelnen Körperteilen aus Kunststoff. Die günstigste Puppe kostete 10,95 Euro, die teuerste 79,95 Euro. Die meisten Produkte sind für Kinder zwischen null und 36 Monaten ausgelobt, drei Modelle sind laut Anbieter für Kinder ab drei Jahren.

Zunächst mussten alle Puppen einen Praxistest bestehen: Ein dafür beauftragtes Speziallabor untersuchte, ob ihre mechanischen und physikalischen Eigenschaften sowie ihre Entflammbarkeit die Vorgaben der Spielzeugnorm EN 71 erfüllen. Geprüft wurde auch, ob die Deklarationen der Produkte in Einklang stehen mit der Norm und beispielsweise alle erforderlichen Warnhinweise korrekt abgedruckt sind. Als Nächstes ließen wir die Puppen auf Schadstoffe untersuchen. Spezialisierte Labore analysierten repräsentative Mischproben der textilen Hauptbestandteile der Modelle – von Kleidung und Zubehör bis Puppenstoff, gegebenenfalls auch Füllmaterial und Haare – auf Azo-Farbstoffe, problematische Dispersionsfarbstoffe, Formaldehyd, optische Aufheller, Schwermetalle und/oder halogenorganische Verbindungen. Zudem ließen wir die Speichel- und Schweißechtheit sowohl der Textilien als auch der Kunststoffteile untersuchen. Für die zehn Puppen mit Kunststoffanteilen gaben wir zusätzliche Analysen in Auftrag: Deren feste Körperteile wurden auf Weichmacher, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs), phosphororganische Flammschutzmittel und Schwermetalle untersucht. Sowohl die Puppenkörper aus Kunststoff als auch die Plastik-Verpackungen ließen wir auf umweltschädliche PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen überprüfen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führt zur Abwertung um fünf Noten: eine nicht bestandene Prüfung der mechanischen und physikalischen Eigenschaften nach EN 71-1 (hier: "Schnuller löst sich von Schnullerring"). Zur Abwertung um vier Noten führt: nicht ausreichende mechanische und physikalische Eigenschaften (hier: "Label an Kleid & Shirt lösen sich"). Zur Abwertung um je eine Note führen: a) ein reißender Stoff unter Beanspruchung nach EN 71-1 (hier: "Stoff neben Rückennaht reißt"); b) eine fehlende Deklaration nach EN 71-1 (hier: "keine Reinigungshinweise"); c) die Puppe färbt ab (eine oder mehrere Komponenten schneiden in der Speichel- und/oder Schweißechtheitsprüfung schlechter als Stufe 4-5 der Grauskala, aber immer besser als Stufe 2-3 ab).

Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Gehalt von mehr als 200 µg/kg Naphthalin. Zur Abwertung um zwei Noten führt: ein gemessener Gehalt von mehr als 5,0 mg/kg Antimon im Eluat. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt; b) ein gemessener Gehalt von mehr als 1.000 mg/kg TXIB; c) ein gemessener Gesamtgehalt an Ersatzweichmachern von mehr als 100.000 mg/kg (hier: ATBC, DEHT, DINCH), wenn nicht bereits wegen TXIB um eine Note abgewertet wurde; d) ein gemessener Gehalt von mehr als 1,0 mg/kg halogenorganische Verbindungen.

Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um jeweils eine Note: a) optische Aufheller b) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Das Gesamturteil beruht auf dem schlechteren Teilergebnis des Testergebnisses Inhaltsstoffe sowie des Testergebnisses Praxisprüfung. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe nicht.

Testmethoden

(Je nach Zusammensetzung des Produkts)
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA).
Elemente: Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA).
Elemente im Eluat: Elution von Schwermetallen mittels saurer Schweißlösung. Elementbestimmung mittels ICP-MS. Mischprobe aus Textilbestandteilen, Haaren etc.
Halogenorganische Verbindungen: Extraktion in Soxhlet-Apparatur mit Reinstwasser, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): AfPS GS 2019:01 PAK (2019-05).
Azofarbstoffe: DIN EN 14362-1: 2017-05 sowie DIN EN 14362-3: 2017-05.
Dispersionsfarbstoffe: Extraktion und Analyse mit HPLC/DAD.
Weichmacher und weitere Substanzen im Kunststoff: GC-MS nach Extraktion und Derivatisierung.
Formaldehyd: Qualitativer Nachweis mit Carbazol / Schwefelsäure.
Optische Aufheller: Qualitativer Nachweis (UV-Licht).
Speichel- / und Schweißsimulanz: DIN 53160-1, 2: 2010-10. Die Bewertung der Echtheitsprüfungen erfolgt unter den in der Norm festgelegten Bedingungen mittels Graumaßstabs (Lichtechtheit mittels Blaumaßstab), wobei Note 5 die beste Note darstellt und Note 1 die schlechteste.
Mechanische und physikalische Eigenschaften gemäß DIN EN 71-1: DIN EN71-1: 2018-12.
Entflammbarkeit gemäß DIN EN 71-2: DIN EN71-2: 2021-02.

Einkauf der Testprodukte: August 2023

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 12/2023 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2024 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

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