8 Natursteine für den Außenbereich im Test

Auf Granit gestoßen

ÖKO-TEST Mai 2014 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 25.04.2014

8 Natursteine für den Außenbereich im Test

Über die Arbeitsbedingungen im Steinbruch können die Anbieter der getesteten Produkte keine belastbaren Angaben machen. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass einige Händler die Produktionsbedingungen im Weiterverarbeitungsbetrieb kontrollieren lassen.

Arjun hockt dort barfuß - inmitten eines Meeres aus Granitstücken. Immer wieder schlägt der Achtjährige zu. Der Hammer ist zu schwer, der Meißel zu groß für seine Kinderhand. Es ist 12.30 Uhr in einem Steinbruch irgendwo in der indischen Provinz Rajasthan. Und während Arjun einen Pflasterstein in Form schlägt, gehen am anderen Ende der Welt, in Deutschland, die Achtjährigen zur Schule. Vielleicht gehen sie auch über einen Pflasterstein, den Arjun geschlagen hat.

So oder ähnlich beginnen Berichte über Natursteine und deren Produktionsbedingungen. Der Einstieg soll uns Leser berühren. Der Einstieg führt aber weg vom grundlegenden Problem, indem er dessen grausamstes Symptom - die Kinderarbeit - betont. Deswegen ist es ein schlechter Einstieg. Das grundlegende Problem lautet doch: Was ist von einem globalen Wirtschafts- und Handelssystem und dessen Beteiligten zu halten, die spottbillige Waren akzeptieren, die deswegen spottbillig sind, weil Menschen ausgebeutet, grundlegende Arbeitsnormen nicht angewendet und Arbeitsschutzmaßnahmen nicht getroffen werden? Ein System, das den Ärmsten der Armen dabei zusieht, wie ihre Kinder arbeiten müssen, damit der "Lohn" zum Überleben aller reicht.

Es sind vor allem zwei Länder, die in den Fokus geraten, wenn Granitpflastersteine oder Granitplatten in Deutschland zum "Supersommerschnäppchenpreis" angeboten werden: China und Indien. Laut dem Internazionale Marmi e Macchine Carrara research office ist China der weltweit größte Exporteur bearbeiteter Granitprodukte. 48,9 Prozent aller Granitplatten, weiterverarbeiteten Pflastersteinen und Küchenplatten stammten im Jahr 2012 aus dem Warenreich der Mitte. Indien dagegen ist ein Top Player beim Export des unbearbeiteten Granitsteins. 42 Prozent betrug der Exportanteil Indiens am Weltmarkt für Rohgranit in 2012. Eine dritte Zahl führt die Länder zusammen: Indien exportierte im Jahr 2012 rund 71 Prozent seines Granits nach China. Auch China baut Steine in Steinbrüchen ab. Schwerpunkt laut dem Fachmagazin Naturstein ist jedoch der Handel von Halb- oder Fertigprodukten aus chinesischen Materialien und von Fertigprodukten aus Importmaterialien. Der Preisvorteil, der sich beim Kauf von in China produzierten Waren erzielen lässt, ergibt sich laut Magazin "aus meist manueller Fertigung bei niedrigen Löhnen".

Und worin besteht der Preisvorteil für chinesische Händler, wenn sie Granitblöcke aus Indien importieren? Wohl auch in den noch niedrigeren Löhnen Indiens. Denn die senken die Produktionskosten der indischen Anbieter und vergrößern damit ihren Spielraum, den Verkaufspreis zu reduzieren, ohne die Margen zu schmälern. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen in Indien liegt laut Auswärtigem Amt bei rund 810 Euro. Nur acht Prozent aller Beschäftigten stehen in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 92 Prozent werden dem "informellen Sektor" zugerechnet: Sie sind weder gegen Krankheit oder ...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Wir haben jeweils zwei Natursteinprodukte für den Außenbereich - eine Palisade und eine Bodenplatte - in den vier großen Baumarktketten eingekauft. Wir wählten Produkte aus Granit, da diese Steinsorte laut Deutschem Naturwerksteinverband zu den bevorzugten Sorten für den Außenbereich gehört.

Der Steinbruch

Wir haben den Anbietern der Granitsteine einen umfangreichen Fragebogen geschickt, um den Herkunftssteinbruch des Rohgranits und die dortigen Abbaubedingungen nachvollziehen zu können. Fast alle in Baumärkten angebotenen Granitsteine kommen aus China. Und China wiederum ist der größte Importeur von indischem Rohgranit, welchen chinesische Fabrikationsstätten weiterverarbeiten und exportieren. In beiden Ländern sind die Einhaltung internationaler Kernarbeitsnormen und Arbeitsschutzmaßnahmen in Steinbrüchen oft nicht selbstverständlich. Aber gerade die Arbeit im Steinbruch ist unfallträchtig und ohne entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen extrem ungesund. Und vor allem: In indischen Steinbrüchen ist Kinderarbeit ein akutes Problem.

Der Weiterverarbeitungsbetrieb

Werden international festgeschriebene Kernarbeitsnormen beim Schneiden, Polieren und Flammen des Granitproduktes eingehalten? Tragen die Arbeiter Atemschutzmasken gegen Feinstaub? Erhalten sie wenigstens den gesetzlichen Mindestlohn für ihre Arbeit? Nach all dem haben wir die Anbieter der Granitsteine gefragt und auch Nachweise angefordert, die die gemachten Aussagen bestätigen.

Natürliche Radioaktivität und Radon

Granit gehört zu den Baustoffen, bei denen die natürliche Radioaktivität für Verbraucher zu einer relevanten Erhöhung der zusätzlichen Jahresdosis durch Radioaktivität führen kann. Deshalb haben wir die Eigenstrahlung der Steine im Labor mittels Gammaspektrometrie und Radon-Abgaberate bestimmen lassen.

Mit dem Szintillationszähler wird die Gammaspektrometrie durchgeführt, allerdings nicht "offen", sondern in einer undurchlässigen Bleibox.

Die Bewertung

Sind die Herkunft des Rohgranits und damit die Arbeitsbedingungen im Steinbruch nicht nachzuvollziehen, kann das Gesamturteil nur "ungenügend" sein. Denn auch wenn Kontrollberichte über den Weiterverarbeitungsbetrieb die Einhaltung von Kernarbeitsnormen und Arbeitsschutz sowie die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nachweisen, bleibt der Anfang der Lieferkette intransparent, Verstöße gegen grundlegende internationale Standards sind möglich.