Allergie-Medikamente im Test: Diese Mittel helfen bei Pollenflug

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2020 | Autor: Jörg Döbereiner/Kai Thomas | Kategorie: Gesundheit und Medikamente | 01.11.2019

Wir haben im Test rezeptfreie Allergie-Medikamente bewertet.
Foto: Westend61/getty images; ÖKO-TEST

Viele Allergiemittel helfen gegen juckende Augen und laufende Nasen. Aber nicht alle empfehlen wir: In einigen Allergie-Medikamenten im Test stecken veraltete Wirkstoffe und problematische Konservierer.

Aktualisiert am 17.10.2019; Einkauf Testprodukte Nov/Dez 2018 | Wer Allergiesymptome bekämpfen will, hat die Qual der Wahl: Augentropfen, Nasensprays oder doch lieber Tabletten? Das hängt zumindest für Mittel mit Antihistaminika nicht nur von den Symptomen ab, sondern auch von individuellen Vorlieben. Manche Allergiker schwören auf Augentropfen oder Nasenspray. Anderen ist die mehrmalige Anwendung am Tag zu mühselig, sie schlucken lieber eine Tablette.

Allergie-Medikamente: Cetirizin, Loratadin & Co. im Test

Experten zufolge hat beides seine Berechtigung. Kommt zum Heuschnupfen ein Juckreiz an der Haut dazu, raten Fachärzte eher zu Tabletten. Solche Mittel zum Einnehmen wirken allerdings nicht so schnell wie lokal angewendete Augentropfen und Nasensprays, sondern erst nach ein bis zwei Stunden. Zudem gelten unerwünschte Nebenwirkungen bei Tabletten als ausgeprägter.

Im Test: Wir haben 22 der meistverkauften Augentropfen, Nasensprays und Mittel zum Einnehmen bewertet. Alle haben nur einen Wirkstoff. Im Fokus: die Wirksamkeit der eingesetzten Anthistaminika, Cromoglicinsäure und Glucocorticoide. Unser Berater Professor Manfred Schubert-Zsilavecz von der Universität Frankfurt hat dafür die aktuelle Studienlage gesichtet und ausgewertet. Zudem haben wir einen kritischen Blick auf die Zusammensetzung der Allergiemittel geworfen.

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Allergietabletten, Augentropfen, Nasensprays: Manche Wirkstoffe veraltet

Das Ergebnis: 15 Allergie-Medikamente können wir mit der Note "gut" oder sogar "sehr gut" empfehlen. Aber eben nicht alle.

Zwei bekannte Apotheken-Bestseller im Test arbeiten mit veralteten Wirkstoffen, den Antihistaminika der ersten Generation. Antihistaminika blockieren Andockstellen für den Botenstoff Histamin, der allergische Symptome erzeugt. Die Antihistaminika Dimetinden und Ketotifen sehen wir kritisch. Unter anderem machen sie müde und können zu trockenem Mund, Magen-Darm-Beschwerden und Nervosität führen.

Wir raten bei Allergie-Medikamenten zu den neueren Antihistaminika der zweiten Generation. Sie machen weniger müde, und Patienten vertragen sie grundsätzlich besser, auch wenn sich Nebenwirkungen von Mensch zu Mensch unterscheiden können. In diese Gruppe gehören Cetirizin, Azelastin, Loratadin und Levocabastin.

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Vor allem im Frühling leiden viele Menschen unter Allergien. Wir haben 22 Allergie-Medikamente begutachtet.
Vor allem im Frühling leiden viele Menschen unter Allergien. Wir haben 22 Allergie-Medikamente begutachtet. (Foto: Pixabay )

Viele Antihistaminika im Test bei Pollenallergie empfehlenswert

Drei Augentropfen enthalten Cromoglicinsäure, jeweils deklariert als Natriumcromoglicat. Dieser Stoff verhindert, dass Abwehrzellen bestimmte Botenstoffe freisetzen, die allergische Symptome verursachen. Arzneimittel mit Cromoglicinsäure lassen sich nach ärztlicher Beratung vorbeugend oder zur Dauertherapie einsetzen. Für die schnelle Hilfe taugen sie laut unserem Arzneimittelexperten Professor Manfred Schubert-Zsilavecz dagegen nicht.

In drei getesteten Nasensprays wirken sogenannte Glucocorticoide entzündungshemmend und antiallergisch. Allerdings kann es Stunden oder Tage dauern, bis die Wirkung eintritt. Die drei Mittel im Test sind für Erwachsene geeignet, aber für Kinder tabu. Die meisten anderen Allergie-Medikamente im Test sind für Kinder geeignet.

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Allergie-Medikamente im Test: Allergisierender Stoff in Antiallergikum

Neben dem Wirkstoff enthalten Allergie-Medikamente "sonstige Bestandteile". Unter diesen Hilfsstoffen befinden sich auch Konservierungsmittel, die wir kritisch sehen. Allen voran: Benzalkoniumchlorid. Sieben Produkte im Test enthalten es. Benzalkoniumchlorid kann Zellen schädigen, die Haut reizen und seinerseits allergisierend wirken. In der Nase angewendet, kann es die Nasenschleimhaut zum Teil irreversibel schädigen.

Weitere problematische Konservierer im Test: Propylparaben und Benzoesäure. Propylparaben steht im Verdacht, hormonell wirksam zu sein, und ist in Lebensmitteln wegen gesundheitlicher Bedenken nicht zugelassen. Im Beipackzettel heißt es oft Propyl-4-hydroxybenzoat. Es steckt in zwei getesteten Allergie-Medikamenten. Ein Produkt im Test enthält zudem Benzoesäure. Dieser Stoff kann selbst Allergien auslösen.

Tipps bei Pollenallergie und Heuschnupfen

  • Allergiemittel bekämpfen nur Symptome. Klären Sie Beschwerden besser fachärztlich ab und fragen Sie nach einer Immuntherapie.
  • Wir raten von Antihistaminika der ersten Generation und von Mitteln mit Pseudoephedrin ab.
  • Die App Pollenflug-Index des Deutschen Wetterdiensts verrät, wann in Ihrer Region Pollen fliegen. Weiterführende Infos zu Allergien finden Sie unter allergieinformationsdienst.de

Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin 3/2019 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020 im Oktober 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnis-se die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 22 rezeptfreie, apothekenpflichtige Allergiemittel eingekauft: sechs Nasensprays, sieben Augentropfen und neun Mittel zum Einnehmen. Alle gehörten 2017 laut Gesundheitsdienstleister IQVIA zu den meistverkauften Monopräparaten in ihrer Produktgruppe, das heißt, sie haben nur einen Wirkstoff. Homöopathische Mittel blieben ­außen vor.

Von uns kritisierte Wirkstoffe schlagen sich im Testergebnis Wirksamkeitsbelege und Beipackzettel nieder. Es bildet die Grundlage für das Gesamturteil. Sehen wir sonstige Bestandteile der Allergiemittel kritisch, beeinflusst dies das Testergebnis Hilfsstoffe. Lautet es "befriedigend" oder schlechter, wirkt sich das auf das Gesamturteil aus.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Wirksamkeitsbelege: Unter dem Testergebnis Wirksamkeitsbelege und Beipackzettel führt zur Abwertung um zwei Noten: ein müde machendes Antihistaminikum (hier: Dimetinden, Ketotifen). Zur Abwertung um eine Note führt: Beclometasondipropionat.

Bewertung Testergebnis Hilfsstoffe: Unter dem Testergebnis Hilfsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: Benzalkoniumchlorid in Nasensprays. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Benzalkoniumchlorid in Augentropfen; b) PEG/PEG-Derivate in Augentropfen und Nasensprays; c) Propylparaben (Propyl-4-hydroxybenzoat) in Mitteln zum Einnehmen. Zur Abwertung um eine Note führt: Benzoesäure in Mitteln zum Einnehmen, wenn diese für Kinder unter 2 Jahren geeignet sind.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Wirksamkeitsbelege und Beipackzettel. Ein Testergebnis Hilfsstoffe, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Hilfsstoffe, das "mangelhaft" oder "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein "gutes" Testergebnis Weitere Mängel führt zu keiner Verschlechterung.

Testmethoden 

Wirksamkeitsbelege/Beipackzettel: Begutachtung der Studien zur Wirksamkeit und Beurteilung der Beipackzettel durch Gutachter. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Wir testen und bewerten regelmäßig Wirksamkeit und Nutzen von Produkten für die Gesundheit. Wie wir dabei im Detail vorgehen, erfahren Sie hier.

Einkauf der Testprodukte: November und Dezember 2018 

Diesen Test haben wir erstmals im ÖKO-TEST Magazin 3/2019 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2020 im Oktober 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnis-se die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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