42 Hähnchenfleisch-Marken im Test

Hühner sind arme Schweine

ÖKO-TEST November 2013 | | Kategorie: Essen und Trinken | 25.10.2013

42 Hähnchenfleisch-Marken im Test

Ein Salat mit Hähnchenbrust gilt als leicht und gesund. Für die Hähnchen, die die Brust liefern, ist er allerdings tödlich. Doch unser Test zeigt: Schlimmer als der Tod ist das kurze Leben, das die Tiere haben. Im Fleisch haben wir zudem viele gefährliche Keime und eklige Mängel gefunden.

Sie heißen Appenzeller Spitzhaube, Deutscher Sperber oder Thüringer Barthuhn und sind vom Aussterben bedroht. So gab es vom Bergischen Schlotterkamm im Jahr 2009 gerade noch 66 Hähne und 296 Hennen. Denn die alten Rassen haben keinen Platz in der modernen Hühnerindustrie, wo Rassen wie Ross 308 gemästet werden. Diese Tiere werden kaum noch als Lebewesen wahrgenommen. So heißt es selbst auf der Öko-Internetseite www.oekolandbau.nrw.de: "800 Hennen der Linie Hubbard ISA JA 57 wurden mit 100 Hähnen der Linie Hubbard ISA I 77 eingestallt. Das Endprodukt dieser beiden Linien ist das langsam wachsende extensive Freilandmasthähnchen ISA 757."

Etwa 1.200.000.000 (1,2 Milliarden) "Produkte" werden jedes Jahr in Deutschland gemästet. Schnell wachsende Rassen wie Ross 308 erreichen schon nach gut 30 Tagen ihr Schlachtgewicht, nicht ganz so schnelle wie Sasso sind nach etwa 40 Tagen schlachtreif, langsam wachsende wie ISA 757, die in Bio-Ställen zum Einsatz kommen, brauchen etwa 60 Tage. Auch kein langes Leben. Aber ist es zumindest ein gutes?

Nein, sagt der Verein Animal Rights Watch. "Im Bio-Sektor ist die Massentierhaltung ebenso angekommen wie in der konventionellen Landwirtschaft. 4.800 Tiere pro Stall, 21 Kilo Masthuhn pro Quadratmeter - das ist das Leben der Bio-Hähnchen nach EU-Norm jenseits der idyllischen Verbrauchervorstellung."

Das sehen die Bio-Verbände - wen wundert es - anders. "Bio-Masthühner leben in abwechslungsreichen Stallanlagen mit Sitzstangen und Sandbad. Für Bioland-Hühner gibt es zusätzlich einen Wintergarten. Dort können sie im Sand nach Körnern picken, ihr Gefieder mit einem Staubbad pflegen oder in der Sonne baden", beschreibt Bioland seine Sicht der Hähnchenmast.

Auch für Naturland ist die Bio-Hühnerwelt in Ordnung: "Mittags wird gerne ein Sonnen- und Staubbad genommen und etwas gedöst. Eigene oder gegenseitige Gefiederpflege, Fuß- und Flügelstrecken sowie Flügelschlagen gehören zum Komfortverhalten. Damit die Tiere auch auf dem Öko-Hof all diese Verhaltensweisen ausleben können, muss der Bauer viel Zeit investieren", heißt es in einer Information des Verbandes.

Auf der Internetseite von Animal Rights Watch (www.biowahrheit.de) sind allerdings Bilder zu sehen, die eine andere Bio-Welt zeigen. Sie sind zwar schon ein wenig älter, aber Animal Rights Watch hat uns aktuelle Aufnahmen von beklagenswerten Zuständen in einem - nach Angaben der Organisation - Bio-Betrieb zur Verfügung gestellt. Markus Fadl von Naturland will sich zu den Bildern nicht äußern, auf andere Veröffentlichungen reagiert der Verband verschnupft ("Filmaufnahmen, die bei nächtlichen Einbrüchen gedreht worden sein sollen").

Dabei ist bei Naturland selbst nachzulesen, dass es durchaus Probleme gibt. So hat der Verband im Dezember 2012 einem Legehennenbetrieb fristlos gekündigt. Die Tierrechtsorganisation Peta hatte aufgedeckt, dass dort "in eklatanter Art und Weise tierschutzrechtliche ...

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Im Test: 14 mal frisches Hähnchenfleisch, wobei dieses Mal Produkte mit Haut und dabei vorzugsweise frische Hähnchenschenkel im Fokus standen. Eingekauft wurden Eigenmarken der Discounter und Supermärkte sowie Markenprodukte von Wiesenhof und Friki. Da es insbesondere um die Tierhaltung gehen sollte, wählten wir selbstverständlich auch Produkte aus, die mit speziellen Tierschutzlabeln - etwa des Deutschen Tierschutzbundes - werben oder eine besonders schonende Tierhaltung vermuten lassen, wie das Fairmast-Siegel. Fünf Bio-Produkte komplettierten den Testeinkauf.

Die Tierhaltung und Transparenz

Informationen zu den Haltungsbedingungen ermittelten wir für Charge A mithilfe eines Fragebogens. Im Einzelnen fragten wir die Hersteller nach der Rasse der gemästeten Hähnchen, nach dem Namen der Mästerei, der Besatzdichte und der Anzahl der Tiere pro Herde. Weiter wollten wir wissen, ob die Tiere Grünauslauf hatten, ob sie Impfungen, Antibiotika oder gentechnisch veränderte Futterbestandteile bekamen. In einem zweiten Fragebogen baten wir um Belege für die gemachten Aussagen. Den Bio-Ställen statteten wir unangekündigt Besuch ab, weil wir uns vergewissern wollten, ob die Tiere wirklich besser gehalten werden.

Die Inhaltsstoffe

Die Qualität der Hähnchenkeulen ließen wir anhand mikrobiologischer und sensorischer Tests am Ende der Verbrauchsfrist prüfen. Zuvor waren die Produkte unter kontrollierten Bedingungen eingekauft und im Labor bei bis zu vier Grad gelagert worden. So sehen es die Herstellerangaben auf den Packungen vor. Weil es bei der Belastung mit Keimen immer wieder einmal Ausreißer gibt, untersuchten wir jeweils drei Produktchargen. Eine Charge wurde zusätzlich auf Rückstände von Antibiotika untersucht. Auf der Agenda stand auch das derzeit viel diskutierte Thema Antibiotikaresistenzen. Verdächtige Keime ließen wir in hochspezialisierten Laboren prüfen. Dabei galt es festzustellen, inwieweit die Keime auf Antibiotika noch ansprechen.

Die Weiteren Mängel

Rohes Hähnchenfleisch kann mit krank machenden Keimen belastet sein. Bei der Zubereitung sollten daher einige wichtige Regeln beachtet werden, die auch auf den Verpackungen genannt werden sollten. Das haben wir uns näher angesehen.

Die Bewertung

Tierhaltung und Produktqualität wurden zunächst getrennt bewertet - leider oft mit sehr schlechten Ergebnissen. Keine Frage, dass das Gesamturteil dann in vielen Fällen auch nicht besser sein konnte. So fallen selbst Bio-Keulen mit "guter" Tierhaltung bestenfalls "ausreichend" aus, weil sie am Ende zu viele Keime enthielten.